In der Regel machen Forscher mittels Fluoreszenzmikroskopie in einem Gewebe drei Proteine mit je einem Fluoreszenzfarbstoff sichtbar. Mehr als fünf Proteine aufs Mal können aus technischen Gründen gar nicht gefärbt werden.
- Bei der 4i-Technologie werden drei Farbstoffe genutzt, diese nach der Messung jedoch wieder aus der Gewebeprobe weggewaschen, und es werden drei neue Proteine sichtbar gemacht.
- Ein Roboter führte diesen Schritt 18 Mal durch, was insgesamt 18 Tage dauerte. Schliesslich fügt ein Computer die Einzelbilder zu einem einzigen Mikroskopiebild zusammen, auf dem 53 verschiedene Proteine sichtbar sind.
- Sie geben Aufschluss auf die Funktion der einzelnen Zelltypen, aus denen die Netzhaut besteht, also zum Beispiel auf Stäbchen- und Zapfenzellen sowie Ganglienzellen.
Ergänzt haben die Forscher diese Bildinformation von Netzhautproteinen mit Informationen dazu, welche Gene in den einzelnen Zellen abgelesen werden.
Organoide: Zeitreihe von Bildern und genetischer Information
Alle diese Analysen führten die Wissenschaftler bei Organoiden durch, die unterschiedlich alt waren und sich somit in einem unterschiedlichen Entwicklungsstadium befanden. So erstellten die Forscher eine Zeitreihe von Bildern und genetischer Information, welche die gesamte 39 Wochen dauernde Entwicklung von Netzhaut-Organoiden beschreibt. «Wir können damit zeigen, wie sich das Organoid-Gewebe langsam aufbaut, wo sich wann welche Zelltypen vermehren und wo sich die Synapsen befinden. Die Vorgänge sind vergleichbar mit jenen der Netzhautbildung während der Embryonalentwicklung», sagt Gray Camp, Professor an der Universität Basel und einer Leiter dieser Studie.
Ihre Bild- und weiteren Informationen zur Netzhaut-Entwicklung publizierten die Forscher auf einer öffentlich zugänglichen Website:
EyeSee4is.Weitere Gewebetypen in Planung
Bis anhin haben die Wissenschaftler untersucht, wie sich die gesunde Netzhaut entwickelt. In Zukunft möchten sie die Entwicklung in den Netzhaut-Organoiden mit Wirkstoffen oder genetischen Veränderungen bewusst stören. «Damit werden wir neue Einblicke gewinnen in Krankheiten wie Retinitis pigmentosa, die vererbbar ist und bei der die lichtempfindliche Rezeptoren der Netzhaut in einem schleichenden Prozess degenerieren, während dem Betroffene erblinden», sagt Camp. Die Forschenden wollen herausfinden, wann dieser Vorgang beginnt und wie man ihn allenfalls stoppen kann.
Treutlein und ihre Kollegen sind zudem daran, den neuen Ansatz zur detaillierten Kartierung auch bei anderen Gewebetypen wie verschiedenen Abschnitten des menschlichen Gehirns und bei verschiedenen Tumorgeweben anzuwenden. Schritt für Schritt soll damit der Atlas entstehen, der Auskunft über die Entwicklung von menschlichen Organoiden und Geweben gibt.PS