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Hilfe für Kleinkinder mit Erdnussallergie?

Können Pflaster mit Erdnussprotein bei Kindern unter vier Jahren langfristig das Risiko schwerer allergischer Reaktionen senken? Dieser Frage ging eine Studie unter Beteiligung des Universitätsklinikum Frankfurt nach.

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Immer mehr Kleinkinder in den westlichen Ländern leiden unter ein Erdnussallergie, auch in Deutschland. Gleichzeitig sind Erdnüsse oder Spuren davon in zahlreichen Lebensmitteln enthalten. Die strenge Kontrolle der Ernährung und die ständige Angst vor einem anaphylaktischen Schock bei zufälligem Essen von Erdnussallergen belasten Kinder und Eltern. Eine Heilung ist nicht möglich. Therapien zur Desensibilisierung sind zwar verfügbar, aber nur für ältere Kinder und Jugendliche.

Immuntherapie mit Erdnussallergen-beschichteten Pflastern
Eine grossangelegte internationale Studie unter Beteiligung des Universitätsklinikum Frankfurt hat sich nun der jüngsten Betroffenen angenommen. Sie erprobte eine Immuntherapie mit Erdnussallergen-beschichteten Pflastern für Kinder zwischen einem und drei Jahren mit Erdnussallergie.
  • Mit Erfolg: Die Reaktionsschwelle konnte im Median um 900 mg Erdnussprotein (Äquivalent zu drei Erdnüssen) nach zwölf Monaten Therapie angehoben werden, während in der Plazebo-Gruppe im Median keine Anhebung der Reaktionsschwelle zu beobachten war.

Weitere Untersuchungen bei vier- bis siebenjährigen Allergikern
«Die Studie gibt Hoffnung für Kleinkinder mit Erdnussallergie und für ihre Familien. Die Pflasterbehandlung hat sich als wirksam und sicher erwiesen. In einer weiteren Studie wird nun die Wirksamkeit und das Sicherheitsprofil des Pflasters bei vier- bis siebenjährigen Erdnussallergikern untersucht», erklärt PD Dr. Katharina Blümchen aus der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Frankfurt, die an der Studie beteiligt war.

Hohe Alltagstauglichkeit, geringes Risiko
Studien haben nachgewiesen, dass die frühe Einnahme von Erdnuss bei der Beikost das Risiko für eine spätere Entstehung einer Erdnussallergie reduziert. Das Immunsystem scheint also im frühen Alter gut formbar. Immuntherapien, bei denen die Betroffenen z.B. kleine Dosen des Allergens täglich zu sich nehmen, um damit eine Desensibilisierung und Anhebung der Reaktionsschwelle zu bewirken, sind bislang nur für Kinder und Jugendliche mit Erdnussallergie über vier Jahren zugelassen. Bei dieser Therapie müssen sich Familien an teils aufwändige Einnahmepläne halten, und es kann zu Nebenwirkungen kommen.

Die aktuelle Studie setzt daher Pflaster mit dem Allergen ein, die einmal täglich zwischen den Schulterblättern aufgeklebt werden. Diese müssen auch zum Baden oder Schwimmen nicht abgenommen werden und sind so im Alltag einfacher zu handhaben. Die Dosis, die das Pflaster enthält (250µg Erdnussprotein), liegt weiter unter z.B. der Erhaltungsdosis der oralen Immuntherapie (300 mg Erdnussprotein), also der Menge, die mindestens regelmässig eingenommen werden muss, damit die Therapie nachhaltig wirkt.

Studie an 51 Standorten
Die Studie wurde von 2017 bis 2022 an 51 Standorten in acht Ländern durchgeführt, 307 Kleinkinder haben die Studie vollständig absolviert. Frankfurt war einer von drei Standorten in Deutschland. Alle Probanden erhielten einmal täglich über ein Jahr lang ein Pflaster. Bei gut einem Drittel handelte es sich um ein Plazebo. Alle Kinder reagierten zu Beginn allergisch auf eine Dosis von 300 mg Erdnussprotein oder weniger – dem Äquivalent einer einzelnen Erdnuss.

Ziel der Studie war, diese Auslöserdosis auf 1000 mg zu heben, falls die Kinder zu Beginn auf mehr als 10 mg allergisch reagierten bzw. die Auslöserdosis auf 300 mg zu heben, wenn die Kinder ursprünglich auf 10 mg oder weniger reagierten. Dieses Ziel erreichten 67 Prozent der Kinder in der Interventionsgruppe, die Pflaster mit dem Allergen erhielt, und 33,5 Prozent in der Plazebogruppe.

Dass auch bei den Kindern mit Plazebos eine Verbesserung festgestellt wurde, kommt nicht unerwartet. Studien zeigen, dass etwa 29 Prozent der betroffenen Kinder bis zum Alter von sechs Jahren aus ihrer Allergie herauswachsen. Allerdings untermauern die weiteren Ergebnisse der aktuellen Studie die Wirksamkeit der Desensibilisierung.

Deutliche Verbesserung, wenige Nebenwirkungen
In der Gruppe, bei der die Pflaster tatsächlich das Erdnussprotein enthielten, lag die mediane Veränderung der Auslöserdosis bei 900 mg, in der Plazebogruppe bei 0 mg. Zudem konnten in der Interventionsgruppe gut 37 Prozent der Kinder am Ende der Studie in der oralen Provokation eine gesamte Menge von 3,444 mg Erdnussprotein konsumieren, bis eine allergische Reaktion auftrat. In der Plazebogruppe waren es nur 10 Prozent.

Unerwünschte Ereignisse traten im Studienzeitraum bei beinahe allen Kindern auf – also auch in der Plazebogruppe. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Hautreaktionen um das Pflaster, allerdings nahmen diese mit der Zeit ab. Insgesamt kam es zu 23 systemisch-allergischen Reaktionen ‒ 19 in der Gruppe, die das Pflaster mit Erdnussallergen erhielt, und vier in der Plazebogruppe. Nach Einschätzung des jeweiligen Studienarztes waren davon vier auf die Behandlung mit dem Erdnusspflaster zurückzuführen. Das entspricht 1,6 Prozent aller berichteter Nebenwirkungen in der Interventionsgruppe. Alle Reaktionen waren mild oder moderat. Die Studie konnte also auch die Sicherheit der Pflastertherapie belegen.PS

  • Zur Originalpublikation
Greenhawt M et al.: Phase 3 Trial of Epicutaneous Immunotherapy in Toddlers with Peanut Allergy. New England Journal of Medicine, May 11, 2023.

Quelle: Universitätsklinikum Frankfurt/Pressemitteilung, 24.05.2023

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