Morbus Parkinson ist die neurologische Erkrankung, deren Inzidenz weltweit am schnellsten zunimmt. Da die genaue Krankheitsursache nicht bekannt und damit eine Heilung nicht möglich ist, hat die Identifizierung von Risikofaktoren hohe Priorität. Hinweise auf eine Assoziation mit Allergien gab es bereits, jedoch nur aus kurzandauernden kleineren Studien, die zudem den Lebensstil, der ebenfalls das Parkinsonrisiko beeinflussen kann, nicht berücksichtigten.
Grosse longitudinale Studie
Wissenschaftler aus Seoul (Südkorea) haben in einer grossen longitudinalen Studie retrospektiv Daten von fast 400 000 Personen aus der nationalen Gesundheitsversicherung ausgewertet, in der rund 98 % der Bevölkerung pflichtversichert sind (1). Eingeschlossen wurden ab dem 1. Januar 2005 Personen ab 40 Jahren, die zuvor am ab dem 40. Lebensjahr zweimal jährlich angebotenen Gesundheitsscreening teilgenommen hatten. Das Follow-up dauerte bis zum Eintritt einer Parkinsonerkrankung, bis zum Tod oder bis Ende 2019.
- Teilnehmer mit Allergien – Heuschnupfen, Asthma bronchiale oder allergische Dermatitis – waren zu Studienbeginn im Durchschnitt 54,2 Jahre alt, solche ohne 55,6 Jahre.
- Das neben vielen anderen möglichen Einflussfaktoren, unter anderem auch nach Nikotin- und Alkoholkonsum sowie körperlicher Aktivität, adjustierte Parkinsonrisiko erhöhte sich bei Allergikern gegenüber Menschen ohne Atopie insgesamt um 18 %.
- Der Unterschied war im Wesentlichen auf einen Heuschnupfen zurückzuführen mit einer Erhöhung des adjustierten Parkinsonrisikos gegenüber Personen ohne allergische Rhinitis um 14 %.
- Bei Personen, die nie geraucht hatten, keinen Alkohol konsumierten und regelmässig Sport machten, war das Parkinsonrisiko um 24 % erhöht, wobei bekannt ist, dass Raucher seltener einen Morbus Parkinson entwickeln.
- Ob mit einer Nikotinpflastertherapie das Fortschreiten der Krankheit im frühen manifesten Stadium verlangsamt werden kann, untersuchte kürzlich eine deutsch-amerikanische Studie (2), allerdings mit negativen Ergebnissen.
Aktivierung der Mikroglia im Bulbus olfactorius
Wie die Autoren ausführen, wird bei Menschen mit allergischer Rhinitis die Mikroglia im Bulbus olfactorius aktiviert. Das führt zu einer vermehrten Ausschüttung proentzündlicher Zytokine und kann so den Bulbus olfactorius schädigen. Ein möglicher pathophysiologischer Zusammenhang mit Parkinson könnte darin bestehen, dass über die Riechbahn eine Neuroinflammation getriggert wird. Immerhin haben Menschen mit Morbus Parkinson häufig Riechstörungen, die der Erkrankung oft um viele Jahre vorausgehen. Interventionsstudien sind nach Einschätzung der Forschergruppe wichtig, um zu klären, ob eine langfristige Heuschnupfen-Behandlung das Parkinsonrisiko verringern kann.PS