Mehr als die Hälfte der Patienten, die aufgrund einer Niereninsuffizienz in Nierenersatzprogramme aufgenommen werden, sind 65 Jahre oder älter. Eine Transplantation würde die Überlebenszeit dieser Patienten im Vergleich zur Dialyse verdoppeln. Doch nur wenige dieser Patienten haben die Chance, rechtzeitig ein Spenderorgan zu erhalten: Patienten von 65 Jahren und älter müssten meist etwa sechs bis sieben Jahre warten, ehe sie eine Spenderniere zugeteilt bekommen, da Spenderorgane rar sind. Mehr als die Hälfte dieser Patienten würde diesen Tag leider nicht mehr erleben.
Eurotransplant Senior Programm (ESP): «Alt für Alt»
Einen Ausweg aus diesem Dilemma bietet das Eurotransplant Senior Programm (ESP). Es wurde 1999 von Eurotransplant aufgelegt, um die Chancen älterer Patienten auf eine rechtzeitige Transplantation zu verbessern. Nach dem Prinzip «Alt für Alt» werden hierbei Organe von über 65-jährigen verstorbenen Spendern bevorzugt an Empfänger der gleichen Altersgruppe in der Spenderregion vermittelt. Um eine schnelle und unkomplizierte Vergabe gewährleisten zu können, wird bei ESP-Transplantationen darauf verzichtet, die Gewebemerkmale des Spenders zu ermitteln und auf Passgenauigkeit von Spender und Empfänger hin zu überprüfen. Eine schlechtere Übereinstimmung der Gewebemerkmale ist jedoch mit erhöhten Abstossungsraten verbunden.
Für die Gewebeverträglichkeit von Spenderorgan und Empfänger spielt das HLA-System (human leukocyte antigen system) eine wichtige Rolle. Die Leukozyten-Antigene helfen dem Immunsystem, zwischen körpereigenem und körperfremdem Gewebe zu unterscheiden. Je ähnlicher die HL-Antigene von Spender und Empfänger sind, desto geringer ist die Gefahr von Abstossungsreaktionen.
Abgleich der HLA-DR-Kompatibilität
In der Studie wurden die gepaarten Nieren von insgesamt 675 Spendern im Alter von 65 Jahren und älter jeweils einem Transplantationskandidaten des ESP-Programms ohne Typisierung und einem Kandidaten des Eurotransplant Senior-Programms mit DR-Kompatibilität (ESDP) vermittelt.
- In der Nachverfolgung zeigte sich, dass die Transplantation von Nieren mit passenden HLA-DR-Antigenen mit einem signifikant niedrigeren Risiko einhergeht, dass der Empfänger innerhalb von fünf Jahren nach der Transplantation verstirbt (30 Prozent niedrigere Mortalitätsrate) oder aufgrund eines Transplantatversagens – nach einem oder fünf Jahren – wieder zur Dialyse zurückkehren muss, was mit einer schlechten Prognose verbunden ist.
- Ein weiteres Ergebnis der Studie war die Beobachtung, dass eine Zuteilung der Transplantate auf der Grundlage des HLA-DR Matchings die dialysepflichtige Zeit vor der Transplantation von im Mittel 4,1 Jahren auf 2,4 Jahre verkürzte, da für die Zuweisung der Spenderorgane in erster Linie die Gewebeverträglichkeit und nicht die Wartezeit ausschlaggebend ist.
«Auch dies trägt dazu bei, dass eine Zuteilung auf der Grundlage des HLA-DR-Matchings die Fünf-Jahres-Sterblichkeit und das Überleben von Nierentransplantaten im Rahmen einer Alt-für-Alt-Nierentransplantation verbessert», sagt Professor Krämer, der die Studie in Deutschland koordiniert. An der Studie sind ausserdem Kliniken in Österreich, Belgien und den Niederlanden beteiligt.PS
Swisstransplant: Organspende, europaweit vernetzt
Swisstransplant ist nicht nur national vernetzt, sondern arbeitet eng mit verschiedenen Transplantationsorganisationen im Ausland zusammen. Ausländische Organisationen kommen dann zum Zug, wenn in der Schweiz keine passende empfangende Person für ein Organ gefunden wird. Umgekehrt erhält Swisstransplant ebenso Angebote aus ausländischen Kooperationszentren. Dazu gehört auch Eurotransplant.