In der chirurgischen Forschung gilt der Comprehensive Complication Index (CCI) als zentraler Massstab für postoperative Morbidität. Doch bislang fehlte eine klare Antwort auf die Frage, ab wann ein Unterschied im CCI nicht nur statistisch messbar, sondern auch für Patientinnen und Patienten spürbar ist.
Eine neue
Studie eines internationalen Forschungsteams um Milo Puhan (Universität Zürich) und Pierre-Alain Clavien (Universität Zürich und Swiss Medical Network, Privatklinik Bethanien, Zürich) liefert nun erstmals diesen Orientierungswert, in Form der sogenannten
Minimal Important Difference (MID).
12 Punkte: Die neue patientenrelevante Schwelle
Die Forschenden werteten Daten aus insgesamt sechs Studien mit über 1500 Patientinnen und Patienten nach grossen abdominalchirurgischen Eingriffen aus. Dabei kombinierten sie den CCI mit verschiedenen Patient-reported Outcome Measures (PROMs), also Angaben zur erlebten Lebensqualität und Belastung nach einer Operation.
Das Ergebnis:
Eine Veränderung von 12 Punkten im CCI markiert die Grenze, ab der Komplikationen für Betroffene spürbar werden.
«Diese Erkenntnis ist wegweisend für die Planung und Interpretation klinischer Studien», sagt Pierre-Alain Clavien in einer Mitteilung. «Sie hilft, medizinische Behandlungen nicht nur nach statistischen Kennzahlen, sondern nach ihrem tatsächlichen Nutzen für Patientinnen und Patienten zu bewerten, ein entscheidender Schritt hin zu einer Medizin, die wissenschaftlich präzise und zugleich menschlich relevant ist.»
Warum das wichtig ist
- Für Studien: Fallzahlen und Effektgrössen können realistischer geplant und eingeordnet werden.
- Für die Praxis: Unterschiede zwischen Behandlungsverfahren lassen sich einfacher nach klinischer Relevanz bewerten.
- Für Patientinnen und Patienten: Die Belastung durch Komplikationen wird nun nicht nur gemessen, sondern auch in ihrer Bedeutung verstanden.
Die Autorinnen und Autoren sehen die 12-Punkte-Schwelle als wichtigen Meilenstein für eine Medizin, die nicht nur statistische Effekte betrachtet, sondern den tatsächlichen Nutzen für die Betroffenen.