Bewegungsmangel, Fehlbelastung, Überbelastung, Dauerstress am Arbeitsplatz oder privat - es gibt viele Ursachen für die Volkskrankheit Rückenschmerz. Bei nicht wenigen Betroffenen sind die Beschwerden sogar chronisch. Das heisst, sie halten über lange Zeit an oder treten immer wieder auf. Linderung können angeleitete Sport- und Bewegungstherapien bringen. Zu den gängigen Behandlungsmethoden gehören Physiotherapie, Krafttraining und Stabilisationstraining. In einer Metastudie der Goethe-Universität Frankfurt wurde nun untersucht, mit welcher Strategie die besten Behandlungserfolge erzielt werden.
Metaanalyse: 58 RCT, mehr als 10000 Patienten
Als Datenbasis dienten 58 randomisierte, kontrollierte Studien (randomised controlled trials, RCTs) mit mehr als 10000 Patienten weltweit, die unter chronischen Schmerzen im unteren Rückenbereich leiden. Zuerst wurden die relevanten Daten aus den Originalmanuskripten herausgefiltert, dann zusammengefasst ausgewertet. Bei den Auswertungen ging es zum einen darum, ob und wie sehr sich Standardbehandlungen und personalisierte Behandlungen im Ergebnis voneinander unterscheiden. Personalisiert bedeutet, es gibt eine Art persönliches Coaching, bei dem Therapeuten gezielt auf Potenziale und Bedürfnisse der Patienten eingehen und gemeinsam mit ihnen entscheiden, wie die Therapie aussieht.
Personalisierte Behandlung besser als Standardtherapie
- Eine personalisierte Behandlung führte zu einer deutlichen Steigerung der Effekte bei chronischen Rückenschmerzen im Vergleich zu Standard-Bewegungstherapien.
- Die Erfolgsquote bei der Schmerzlinderung lag 38 Prozent höher als bei einer Standardbehandlung.
«Der höhere Aufwand der Personalisierung lohnt sich, da die Patienten in klinisch relevantem Ausmass davon profitieren», sagt der federführende Autor Privatdozent Dr. Johannes Fleckenstein vom Institut für Sportwissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt.
Multimodale Therapie am effektivsten
Die Studie ging aber noch weiter. Das Frankfurter Forscher-Team verglich neben den Standardbehandlungen und den personalisierten eine dritte Gruppe von Behandlungen. Bei diesen wurden personalisierte Trainingseinheiten mit einer kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) kombiniert. Dieses Gesprächsverfahren geht davon aus, dass negative Gedanken und Verhaltensweisen rund um das Thema Schmerz schmerzverstärkend wirken. Also lernen Schmerzpatienten, ihren Umgang mit dem Schmerz zu verändern. Sie bauen Bewegungsängste ab oder bekommen Taktiken zur Schmerzbewältigung beigebracht. Dadurch merken sie, dass sie durchaus nicht hilflos sind.
Doch was trägt die psychotherapeutische Unterstützung durch KVT tatsächlich zum Behandlungserfolg bei? Hier ergab sich bei der Datenanalyse folgendes: Wurden personalisierter Ansatz und KVT kombiniert, lag die Erfolgsquote in Hinblick auf die Schmerzlinderung um beeindruckende 84 Prozent höher als bei einer Standardbehandlung. Die kombinierte Therapie, auch multimodale Therapie genannt, führte also zum mit Abstand besten Ergebnis.PS