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32 000 Spitaleintritte wegen Medikamentenneben­wir­kun­gen

Eine gemeinsame Studie der Universitäten Luzern und Zürich sowie des Universitätsspitals Zürich und Swissmedic zeigt erstmals umfassend, wie viele Personen in der Schweiz wegen Medikamentennebenwirkungen ins Spital eingewiesen wurden. Trotz gesetzlicher Pflicht wurde im achtjährigen Beobachtungszentraum nur ein kleiner Teil davon gemeldet.

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Unerwünschte Arzneimittelwirkungen können Beschwerden oder Erkrankungen verursachen, die einen Spitalaufenthalt notwendig machen oder im Extremfall auch zum Tod führen. In der Schweiz ist medizinisches Personal verpflichtet, solche Fälle von Medikamentennebenwirkungen bei Swissmedic, der schweizerischen Zulassungs- und Aufsichtsbehörde für Arzneimittel, zu melden.

Erste nationale Untersuchung
Eine Studie unter der Leitung von Patrick Beeler, Forschungsleiter des Zentrums für Hausarztmedizin und Community Care der Universität Luzern, hat für einen achtjährigen Zeitraum (2012 bis 2019) untersucht, wie viele Hospitalisierungen in der Schweiz auf unerwünschte Arzneimittelwirkungen zurückzuführen waren und wie viele davon tödlich endeten. Auf nationaler Ebene war darüber bisher wenig bekannt. In der Studie wurde zudem untersucht, wie viele Meldung in diesem Zusammenhang im gleichen Zeitraum bei Swissmedic eingegangen sind. Dafür wurden Daten des Bundesamtes für Statistik sowie von Swissmedic analysiert.

Rund 32 000 Spitaleintritte pro Jahr
Von rund 11,2 Millionen Hospitalisierungen im Untersuchungszeitraum gingen 256 550 (2,3%) auf unerwünschte Arzneimittelwirkungen zurück. Das entspricht rund 32 000 Spitaleintritten pro Jahr. Die häufigsten dabei festgestellten Nebenwirkungen betrafen
  • das Verdauungssystem (etwa Magen-Darm-Entzündungen),
  • das Urogenitalsystems (zum Beispiel akutes Nierenversagen),
  • oder den mentalen/Verhaltens-Zustand (wie Opiatabhängigkeit).
Bei den auf Medikamenten-Nebenwirkungen zurückzuführenden Fällen betrug die Spitalsterblichkeit 2,2% (5669). Im untersuchten Zeitraum gingen bei Swissmedic Meldungen zu 14109 Hospitalisierungen und zu 700 Todesfällen ein. Die Melderate wird in der Studie somit auf 5%, bzw. 12% geschätzt.

Nur wenige Fälle werden gemeldet
Die Melderaten erscheinen im Vergleich zu der Gesamtzahl der Hospitalsierungen gering. Im internationalen Vergleich liegen sie gemäss verfügbaren Zahlen im oberen Bereich, erklärt Studienleiter Patrick Beeler. Die internationale wissenschaftlichen Literatur gehe von einer Melderate von 0,6% bis 4,7% der Spitaleinweisungen aufgrund unerwünschter Arzneimittelwirkungen aus. Zur Spitalsterblichkeit liegen keine internationalen Vergleichszahlen vor. Die Qualität der Schweizer Meldungen sei im internationalen Vergleich sehr gut, so Beeler.

Bei der Frage nach den Gründen für die geringen Melderaten verweist der Studienleiter auf eine Umfrage aus Deutschland, die mehrere Ursachen identifiziert:
  • Unwissenheit über die Meldepflicht,
  • Aufwand,
  • Unsicherheit betreffend des Meldewesens oder der dahinterstehenden Organisation,
  • Bedenken zum Datenschutz,
  • Angst vor juristischen Konsequenzen
  • sowie fehlende Anreize.
Sanktionen als negative Anreize zur Wahrnehmung der Meldepflicht würden aber nicht funktionieren, erklärt Beeler: Da Nebenwirkungen nicht systematisch auf Patientenebene erfasst würden, sei ein Abgleich mit den eingegangenen Meldungen kaum möglich. Meldeversäumnisse seien daher in der Regel nicht bekannt.

Grundpfeiler der Arzneimittelsicherheit: Spontanmeldungen
Um die bestehende Situation zu verbessern, sollte die Meldepflicht bereits in der Ausbildung von medizinischen Fachpersonen angemessen thematisiert sowie auch später regelmässig an diese erinnert werden, empfiehlt Beeler. Dabei sei es wichtig, die Bedeutung der Spontanmeldungen für die Sicherheit der Patienten zu verstehen. Diese stellten, trotz anderer verfügbarer Datenquellen, den wichtigsten Grundpfeiler der Arzneimittelsicherheit dar, wodurch die meisten auch bisher unbekannten oder unzureichend beschriebenen Risiken entdeckt würden, erklärt Beeler. Besonders wichtig wäre es, Fälle von Patienten zu melden, die in klinischen Studien selten berücksichtigt werden, z.B. von Säuglingen, so Beeler weiter.

Datenlage lässt noch zu wünschen übrig
Zwar verfüge man jetzt über Daten zum Ausmass bestimmter arzneimittelbezogener Probleme in der Schweiz und Daten zu den betroffenen Patienten, erklärt Beeler. Es zeigten sich aber auch grosse Datenlücken. Etwa gäbe es keine Verbindung der einzelnen Patienten zu den ambulant verordneten Medikamenten. Eine solche würde aufschlussreiche Auswertungen ermöglichen, wie sie sie bereits in einigen skandinavischen Ländern durchgeführt würden, so der Studienleiter.PS


Quelle: Universität Luzern/Medienmitteilung, 21.09.2023

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