Herzinsuffizienz: Jeder macht's ein bisschen anders
Ob Hausarztpraxis, Spital oder Herzzentrum: Wie Herzinsuffizienz behandelt wird, hängt in der Schweiz stark vom Fachgebiet ab. Eine nationale Umfrage legt überraschend grosse Unterschiede offen – und das trotz klarer Leitlinien.
Sarah Bourdely16.12.20253"
Herzinsuffizienz (HF) wird je nach Fachgebiet unterschiedlich behandelt – trotz einheitlicher Leitlinien. Das zeigt eine Umfrage von Forschenden des Stadtspitals und des Universitätsspitals Zürich sowie des Tessiner Ente Ospedaliero Cantonale.
Die im «International Journal of Cardiology» publizierte Studie untersuchte Wissen und klinisches Management von chronischer, akuter und fortgeschrittener Herzinsuffizienz von insgesamt 130 Teilnehmern; darunter 59 Allgemeinmediziner, 38 Spitalärztinnen und 33 HF-Spezialisten, also Personen, die der Arbeitsgruppe der Schweizer Kardiologen für Herzinsiffizienz angehören.
Am besten schnitten die Herzinsuffizienz-Spezialisten ab: Sie hielten sich am genausten an die Leitlinien, zeigten die grösste Sicherheit bei Dosierungsfragen und schätzten präzise ein, wann Patienten an spezialisierte Zentren überwiesen werden sollten.
Deutlich grössere Wissenslücken fanden sich bei Hausärztinnen und Spitalärzten – insbesondere bei der Epidemiologie, der Erkennung des kardiogenen Schocks und beim Management der fortgeschrittenen Herzinsuffizienz.
Grafik: Baumberger et al. (2025)
Brisant: Selbst bei akuter Herzinsuffizienz variierte die korrekte Medikamentendosierung erheblich, obwohl es sich um eine häufige und zeitkritische Situation handelt. Besonders problematisch sind Verzögerungen oder Fehlentscheide bei der Überweisung von Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz. Dadurch könnten Chancen auf spezialisierte Therapien und Programme verpasst werden.
Die Autorinnen und Autoren werten die Unterschiede weniger als individuelles Versagen, sondern als strukturelles Problem an den Schnittstellen der Versorgung. Sie fordern gezielte, interdisziplinäre Weiterbildungen und klarere Versorgungs- und Überweisungspfade. Nur so könne garantiert werden, dass bestehende Leitlinien auch in die Praxis umgesetzt würden – egal wo die Behandlung stattfindet.