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Aneurysmen bei Tumorpatienten: Wann sind die OP-Risiken zu hoch?

Reisst ein Aneurysma auf, droht ein enormer Blutverlust, der in der Regel tödlich verläuft. Um dies zu verhindern, sollte ein Bauchaorten-Aneurysma (BAA) ab einem bestimmten Durchmesser operiert werden. Doch gilt dies auch für Tumorpatienten, deren Lebenserwartung begrenzt ist?

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Die Elastizität der Blutgefässe kann mit der Zeit abnehmen, sodass sie immer weniger zu ihrer alten Form zurückkehren – es bildet sich dann häufig an den Gefässwänden ein Aneurysma. «An der Bauchschlagader sollte ein Aneurysma ab einer Grösse von 5 bis 5,5 Zentimetern bei Frauen und ab 5,5 Zentimetern bei Männern operiert werden», sagt Professor Dr. med. Thomas Schmitz-Rixen, Generalsekretär der DGCH. So sehen es die nationalen und internationalen Leitlinien vor.

OP auch bei deutlich eingeschränkter Lebenerwartung?
Diese Empfehlung gilt jedoch so nicht ohne weiteres für Patienten, deren Lebenserwartung aufgrund einer anderen Erkrankung deutlich eingeschränkt ist und bei weniger als zwei bis drei Jahren liegt. «Bei ihnen könnte das Operationsrisiko die Gefahr übersteigen, dass es in der verbleibenden Lebenszeit noch zum Aufreissen des Aneurysmas kommt», erläutert Schmitz-Rixen. Das Risiko einer solchen Ruptur liegt bei 5,3 Prozent pro Jahr.

Wie hoch das Operationsrisiko für Krebspatienten tatsächlich ist, war allerdings unklar. Neue Daten zeigen jetzt erstmals, wie sich eine Tumorerkrankung auf das kurz- und langfristige Operationsergebnis eines Bauchaorten-Aneurysmas (BAA) auswirkt. Die Studie wertete Routine-Daten der AOK retrospektiv aus, insgesamt wurden knapp 20 000 Patienten einbezogen, die sich im Untersuchungszeitraum 2010 bis 2016 der Operation eines BAA unterzogen hatten. «Knapp 1400 dieser Patienten wiesen zum Zeitpunkt des Eingriffs eine Tumorerkrankung des Darms, der Prostata, der Harnblase oder des Harnleiters, oder der Bronchien auf», erläutert Schmitz-Rixen, der an der Studie beteiligt war.

Überleben hängt von der Operationstechnik ab
Wie die Studie zeigt, hing das Überleben der Tumorpatienten besonders deutlich von der Operationstechnik ab. Ein Aneurysma kann entweder im Rahmen einer klassischen offenen Operation behandelt werden oder in einem endovaskulären Eingriff mithilfe eines Katheters.
  • «Von den Patienten, die einen begleitenden Tumor aufwiesen und offen operiert wurden, überlebten 8,2 Prozent den Eingriff nicht», berichtet Professor Dr. med. Dittmar Böckler, Ärztlicher Direktor der Klinik für Gefässchirurgie und Endovaskuläre Chirurgie am Universitätsklinikum Heidelberg und ebenfalls einer der Autoren der aktuellen Studie.
  • «Das sind deutlich mehr als laut Statistik im ersten Jahr an einer Ruptur verstorben wären», so Böckler.
  • Die Kliniksterblichkeitsrate übersteige auch erheblich den Qualitätsparameter einer Klinikletalität von maximal fünf Prozent, den die Society for Vascular Surgery fordert.

Von offener OP wird eher abgeraten
«Eine offene Operation lässt sich damit bei Tumorpatienten nur schwer rechtfertigen», betonen die Autoren. Auch die geringe verbleibende Lebenszeit – nach neun Jahren Nachbeobachtung lebte nur noch rund ein Drittel der Tumorerkrankten – lasse es zumindest fraglich erscheinen, ob Patienten mit den in der Studie betrachteten Begleittumoren überhaupt an einem Bauchaortenaneurysma operiert werden sollten.
  • «Solange man auf Basis des Tumorstadiums von einer längeren Lebenserwartung ausgehen kann, sollten die Betroffenen, wann immer möglich, minimalinvasiv operiert werden», resümieren Schmitz-Rixen und Böckler.
  • Mit dieser Methode liege die Operationssterblichkeit bei 3,9 Prozent und damit wesentlich niedriger als bei einem offenen Eingriff.

Unterschiedliches Überleben bei Krebserkrankungen
Hinsichtlich des Langzeitüberlebens zeigten sich zwischen den verschiedenen Krebserkrankungen grosse Unterschiede.
  • Patienten mit Darmkarzinom überleben durchschnittlich am längsten, neun Jahre nach der BAA-Operation sind es noch 45,3 Prozent.
  • Am niedrigsten liegt die Überlebensrate dagegen bei Patienten mit Lungenkrebs, hier lebten neun Jahre nach der Operation nur noch 24,1 Prozent.
  • «Im Vergleich mit der jährlichen Rupturrate von etwas mehr als 5 Prozent ist der riskante Eingriff bei einem Bronchialkarzinom eher nicht zu empfehlen», so Schmitz-Rixen. «Hier ist das konservativ abwartende Vorgehen eine bedenkenswerte Alternative.»PS


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH)/Pressemitteilung, 23.11.2023

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