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Antibiotika-Verschreibungen: Vertrauen ist die beste Medizin

Je mehr Hausärzte ihren Patienten vertrauen, desto seltener fordern diese ein Antibiotikum. Eine SNF-Studie bietet überraschende Ergebnisse zur Kommunikation in Arztpraxen. Hilfreich sein könnten danach auch zeitverzögerte Verschreibungen.

rap28.8.2025
Das Problem ist bekannt: Fast 90 Prozent aller Antibiotika werden in Hausarztpraxen verschrieben. Ein Teil dieser Rezepte wiederum ist bestenfalls nutzlos. Doch immer noch kommt es vor, dass Antibiotika beispielsweise bei Virusinfektionen verschrieben werden. Etwa weil Erkrankte ums Rezept bitten und den Wunsch erfüllt bekommen.

Eine Nationalfonds-Studie geht nun dieser Problematik nach: Wie hängen Antibiotika-Verschreibungen mit der Kommunikation zusammen? «Uns interessiert, inwiefern menschliches Verhalten dazu beiträgt, dass sich das Resistenz-Problem verschärft», sagt der vom SNF unterstützte Kommunikationswissenschaftler Peter J. Schulz von der Università della Svizzera italiana: «Dann können wir die falschen Muster durchbrechen.»

Laut den Ergebnissen ist das Vertrauen, das die Hausärzte ihren Patienten entgegenbringen, dabei ein entscheidender Faktor.

  • Aline Rinaldi, Serena Petrocchi, Anna Bullo, Luca Gabutti & Peter Johannes Schulz: «A cross-sectional study examining the role of doctors’ trust in patients’ requests for antibiotics: a neglected perspective», in: «Archives of Public Health», Juli 2025.
  • Doi: 10.1186/s13690-025-01677-2

In der Erhebung wurden acht Hausärztinnen sowie 101 ihrer Patientinnen in der italienischsprachigen Schweiz befragt. Die Patienten gaben unter anderem Auskunft darüber, ob sie in der Sprechstunde aktiv Antibiotika verlangen würden.

Ein Resultat: Nach Verschreibungen fragen eher Menschen, die sich selbst als krankheitsanfällig einschätzen (und deswegen wohl eine möglichst umfassende Behandlung wünschen). Auch Männer sowie Personen mit niedrigerer Bildung wollen öfter ein Rezept.

Weiter erfasste die Studie das Vertrauen, das Arzt und Patient einander entgegenbringen. Interessanterweise führt ein grösseres Vertrauen in die Ärztin nicht dazu, dass weniger Antibiotika eingefordert werden.
Bemerkenswert ist das umgedrehte Verhältnis: Wenn ein Arzt der erkrankten Person mehr vertraut, so fragt diese weniger nach einem Antibiotikum. Diese Beobachtung war unabhängig vom Geschlecht.

Studienautor Schulz vermutet dahinter einen «Interaktionseffekt»: «Die Person spürt, dass der Arzt ihr vertraut, und das bewirkt wiederum, dass sie nicht nachfragt.» Diese Erkenntnis könnte genutzt werden, um den überflüssigen Konsum von Antibiotika zu senken.

Ein weiterer Vorschlag der Kommunikationsforscher: zeitverzögerte Verschreibungen. Hierbei stellt die Ärztin ein Rezept aus, das erst nach einigen Tagen eingelöst werden kann – wenn es dann noch nötig ist. Denn oft bessert sich bei harmlosen viralen Erkrankungen der Zustand bald von selbst, falls keine bakterielle Infektion dazukommt.

In anderen Ländern habe diese Methode den Verbrauch merklich reduziert, so Schulz. In einer weiterführenden Studie untersucht er nun, ob die Zeitverzögerung auch im Schweizer Gesundheitssystem funktionieren könnte.

Zur Mitteilung des Nationalfonds


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