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Berner Studie stellt Standardtherapie zur Vorbeugung von Nierensteinen in Frage

Thiaziddiuretika gelten seit Jahrzehnten als Mittel der Wahl zur Vorbeugung von Nierensteinrückfällen. Nun stellt eine neue Studie unter der Leitung des Inselspitals, Universitätsspital Bern, und der Universität Bern diese Therapie in Frage.

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Nierensteine sind ein weitverbreitetes Leiden. Etwa zehn Prozent der Bevölkerung sind davon betroffen, Männer bedeutend häufiger als Frauen. Die Steine können in jedem Alter auftreten, auch bei Kindern. Am häufigsten erkranken aber Erwachsene zwischen 30 und 60 Jahren.
Die Steine können äusserst schmerzhaft sein und treten häufig wiederholt auf. Wer einmal einen hatte, muss mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit damit rechnen, erneut daran zu erkranken.

Ältere Thiazid-Studien mangelhaft Der wichtigste Faktor für ein erhöhtes Nierensteinrisiko ist eine übermässige Kalziumkonzentration im Urin. Da Thiazide diese verringern, werden sie seit Jahrzehnten zur Vorbeugung von Nierensteinrückfällen eingesetzt. Die Wirksamkeit von Thiaziden wurde in mehreren kleinen Studien getestet. Leider haben sich diese als methodisch mangelhaft herausgestellt, was ihre Aussagekraft in Zweifel zieht.

Neue Studie: 7 Spitäler, 5 Universitätsspitäler, 416 Patienten
Dass diese Zweifel berechtigt sind, zeigt eine vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützte schweizweite Studie unter der Leitung von Prof. Dr. med. Daniel Fuster, Leitender Arzt an der Universitätsklinik für Nephrologie und Hypertonie des Inselspitals. Die Studie untersuchte bei Patienten mit hohem Nierensteinrückfallrisiko die Wirksamkeit verschiedener Dosen des Thiazidpräparats Hydrochlorothiazid.

Für die Studie wurden an sieben Kantonsspitälern und fünf Universitätsspitälern 416 Patienten rekrutiert. Alle Probanden hatten in den letzten zehn Jahren zumindest zweimal kalziumhaltige Nierensteine. Nach dem Zufallsprinzip wurden die Probanden vier Gruppen zugeordnet, die über rund drei Jahre einmal täglich 12,5 mg, 25 mg, 50 mg Hydrochlorothiazid oder Plazebo erhielten. Die Studie wurde doppelblind durchgeführt.

Das Fazit ist ernüchternd: Die Nierensteinrückfallrate war bei allen Probanden vergleichbar, unabhängig davon, ob sie Hydrochlorothiazid oder Plazebo erhielten.

Hydrochlorothiazid wirkt nicht besser als Plazebo Bei rund zwei Drittel aller Probanden kam es im Verlauf der Studie zu einem Steinereignis, das entweder aufgrund schmerzhafter Steinabgänge oder computertomografisch diagnostiziert wurde. Entgegen gängiger Annahmen war die Rückfallrate bei allen vier Gruppen ähnlich und es konnte kein signifikanter Zusammenhang zwischen den zugeführten Mengen an Hydrochlorothiazid und der Häufigkeit der Steinereignisse beobachtet werden. Zwar wiesen Patienten, die mit Thiazid behandelt wurden, einen niedrigeren Kalziumgehalt im Urin auf als die Plazebo-Gruppe. Ihr Nierensteinrisiko blieb dagegen unverändert, da die Konzentration an Zitrat im Urin – dem wichtigsten Hemmer der Steinbildung – ebenfalls abnahm.

Forschung mit öffentlichen Geldern notwendig
«Die Ergebnisse dieser Studie bringen eine langjährige Standardtherapie ins Wanken. Die Wirksamkeit von Hydrochlorothiazid zur Vorbeugung von Nierensteinrückfällen wurde in den früheren, methodisch mangelhaften Studien stark überschätzt», erklärt Studienleiter Prof. Dr. med. Daniel Fuster. Der Forscher weist auch auf die Notwendigkeit hin, dass solche Untersuchungen mit öffentlichen Geldern unterstützt werden: «In der Regel verfolgen Sponsoren von Studien wirtschaftliche Ziele. Dass Studien gemacht werden, die eine Standardtherapie infrage stellen, ist darum eher selten – normalerweise läuft es umgekehrt.»PS

  • Zur Originalpublikation
Nasser Aet al.: Hydrochlorothiazide and Prevention of Kidney-Stone Recurrence. NEJM. 2023

Quelle: Insel Gruppe/Medienmitteilung, 02.03.2023

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