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Coronavirus braucht nur einen Türöffner ...

Warum kann sich das Coronavirus SARS-CoV-2 so effizient verbreiten? Dazu gibt es in der Wissenschaft viele Hypothesen. Eine Würzburger Forschungsgruppe hat nun einige offene Fragen beantwortet.

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In Europa ist die im Jahr 2020 vom Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelöste Pandemie inzwischen weitgehend unter Kontrolle. Doch warum sich dieses Virus so effizient ausbreiten kann, ist immer noch unklar. Ein Forschungsteam um Simone Backes, Gerti Beliu und Markus Sauer der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) hat nun gezeigt, dass einige bisherige Annahmen neu überdacht werden müssen.

So bindet das Virus nicht mit mehreren Oberflächenproteinen gleichzeitig an mehrere Rezeptoren der zu infizierenden Zelle. Diese Vermutung war bislang ein Erklärungsversuch, wie die Viren ihre Infektiosität erhöhen. Die Bindung an einen einzelnen Rezeptor führt auch nicht dazu, dass in der Folge weitere Rezeptoren an das Virus andocken.
  • Die Würzburger Forschungsgruppe lieferte nun den Beweis, dass ein einziges Virus an einen einzigen Rezeptor bindet und so die Tür für eine hoch effiziente Infektion öffnet.

Worüber bisher nur spekuliert werden konnte
SARS-CoV-2 trägt durchschnittlich 20 – 40 stachelähnliche Spike-Proteine auf seiner Oberfläche. Mit diesen bindet es sich an ACE2-Rezeptoren in der Membran seiner Zielzellen, zum Beispiel in der Nase und im Rachen des Menschen. Werden diese Rezeptoren mit Antikörpern blockiert, kann die Zelle nicht mehr infiziert werden. «Dies legt nahe, dass die Bindung des Virus an den ACE2-Rezeptor der entscheidende Schritt der Infektion ist», erklärt Sauer.

Die ACE2-Rezeptoren und ihre Interaktion mit den viralen Spike-Proteinen mikroskopisch sichtbar zu machen, war bisher nicht möglich. Daher blieb Vieles der Spekulation überlassen – etwa die Frage, ob die Viren mit mehreren Spikes an mehrere Rezeptoren binden, um den Eintritt in die Zelle zu erleichtern.

Es wurde auch für wahrscheinlich gehalten, dass die Rezeptoren in der Membran nicht einzeln, sondern paarweise oder in Dreiergruppen vorliegen, um somit effizienter an die trimerischen Spike-Proteine zu binden. Oder dass sie erst nach der Bindung an ein Spike-Protein zu solchen Gruppen zusammengeführt werden. Beides hängt stark von der Dichte der ACE2-Rezeptoren in der Membran ab.

Super-Resolution-Mikroskopie brachte Durchblick
Hier wollten die Würzburger Forscher Klarheit schaffen: Sie markierten Antikörper mit Farbstoffen, um die Rezeptoren sichtbar und zählbar zu machen. Dazu nutzen sie verschiedene Zelllinien, die als Modellsysteme für die SARS-CoV-Infektion verwendet werden, und die in der Arbeitsgruppe von Markus Sauer entwickelte einzelmolekülempfindliche Super-Resolution-Mikroskopie-Methode dSTORM.

Es zeigte sich, dass zum Beispiel Vero-Zellen, die oft als Modell für eine Infektion mit SARS-CoV-2 verwendet werden, nur einen bis zwei ACE2-Rezeptoren pro Quadratmikrometer Zellmembran aufweisen. Das ist sehr wenig: «Bei anderen Membranrezeptoren liegt diese Zahl oftmals zwischen 30 und 80», so Sauer weiter.

«Der mittlere Abstand zwischen benachbarten ACE2-Rezeptoren beträgt circa 500 Nanometer. Er ist damit wesentlich grösser als ein Viruspartikel, das nur 100 Nanometer durchmisst», sagt Backes. Die Vorstellung, dass ein Viruspartikel mit mehreren Spike-Proteinen gleichzeitig an mehrere Rezeptoren binden kann, sei daher sehr unwahrscheinlich, fügt sie hinzu.

ACE2-Rezeptoren sind immer einzeln
Die nächste offene Frage: Liegen die Rezeptoren auch als Paare oder Dreiergruppen in der Membran vor? «Nein. Sie kommen dort ausschliesslich einzeln vor. Und das bleibt auch so, wenn ein virales Spike-Protein an sie gebunden hat», sagt Beliu, Gruppenleiter am Rudolf-Virchow-Zentrum. Für eine Infektion reiche es aus, wenn ein einziger Spike an einen einzigen Rezeptor bindet.

Mit diesen Ergebnissen konnte das JMU-Team viele ursprünglich aufgestellten Hypothesen zur Interaktion viraler Partikel mit mehreren ACE2-Rezeptoren widerlegen. Es zeigte auch, dass Wirtszellen mit einer höheren ACE2-Expression erwartungsgemäss leichter infiziert werden. Aber auch die Lipidzusammensetzung der Membran und weitere Faktoren beeinflussen die Infektionseffizienz.

Das JMU-Team will möglichst viel Detailwissen über den Zelleintrittsmechanismus von Coronaviren sammeln, um den Infektionsvorgang besser zu verstehen. Dies könnte letztlich zu einer besseren Prävention und zur Entwicklung besserer Medikamente gegen COVID-19 beitragen. Als nächstes wollen die Würzburger Forscher den Eintrittsmechanismus mit hochauflösender Lichtblatt-Mikroskopie analysieren.

  • Zur Originalpublikation
Eiring P et al.: Coronaviruses Use ACE2 Monomers as Entry-Receptors. Angewandte Chemie International Edition, e202300821, 27. März 2023

Quelle: Universität Würzburg/Pressemitteilung, 06.06.2023

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