Nicht alle Wälder bieten denselben Nutzen: Merkmale wie ein dichtes Kronendach und unterschiedliche Baumarten wirken sich positiv auf Gesundheit und Wohlbefinden aus – können aber auch Risikofaktoren fördern. Das zeigt eine
Studie des internationalen Forschungsprojekts «
Dr. Forest», koordiniert von der Universität Freiburg und publiziert in «Nature Sustainability».
Untersucht wurden 164 Wälder in fünf europäischen Ländern. In Projektplanung und Auswertung der Ergebnisse flossen Perspektiven aus Naturwissenschaften, Psychologie und Medizin.
Das Team definierte sogenannte «forest-health pathways». Diese umfassten das psychische Wohlbefinden durch visuelle oder akustische Reize, thermischen Komfort, den Polyphenolgehalt von Heilpflanzen, Pilze und Ernährung, die Luftqualität sowie das Vorkommen von Zecken und Borreliose.
Baumkronendichte als Faktor
Die Forschenden konnten zeigen, dass die Waldstruktur der einflussreichste Faktor für die Gesundheitswirkung ist – insbesondere die Baumkronendichte und das Verhältnis von Stammfläche zur Grundfläche eines Waldes.
Einen idealen Dichtegrad gibt es nicht. Denn: Mit einem besonders dichten Wald sind neben den gesundheitlichen Vorteilen auch Nachteile verbunden. «Das ist gerade für die Entwicklung und Gestaltung von sogenannten Kur- und Heilwäldern von besonderer Bedeutung», sagt Michael Scherer-Lorenzen, Professor für Geobotanik an der Universität Freiburg und Koordinator des Projekts.
Weniger Feinstaub, mehr Zecken
Ein dichtes Blätterdach reduziert den Hitzestress, indem es mehr Schatten spendet und ein stabileres Mikroklima schafft. Es verbessert ausserdem die Luftqualität, indem es die Blattoberfläche für die Ablagerung von Feinstaub vergrössert, was nachweislich zu einer Verringerung von Luftschadstoffen führt.
Das Problem: Erreicht weniger Licht den Waldboden, wachsen auch weniger gesundheitsfördernde Heilpflanzen. Die höhere Luftfeuchtigkeit im Wald begünstigt zudem das Auftreten von Zecken – und erhöht somit das Risiko einer Übertragung von Borreliose.
Baumartenvielfalt positiv für die Psyche
Die Studie liefert konkrete Strategien, wie sich Wälder gezielt gesundheitsfördernd gestalten lassen – etwa bei der Planung von Kurwäldern, in der Waldbewirtschaftung oder der urbanen Grünflächengestaltung. Auch sogenannte «Soundscapes» – die natürliche Klanglandschaft strukturreicher Wälder – wurden als förderlich für die Erholung identifiziert.
Einen erheblichen Einfluss auf das psychische Wohlbefinden von Menschen hat zudem die wahrgenommene Artenvielfalt eines Waldes. Ein vielfältiger Wald wird als gesünder empfunden, selbst wenn dies nicht durch die tatsächliche Baumartenvielfalt erfasst wird, so die Forschenden.
Den idealen Wald gibt es nicht
«Unsere Ergebnisse zeigen, dass es keinen ‚idealen Wald‘ gibt – der gesundheitliche Nutzen eines Waldes hängt immer von den lokalen Prioritäten ab», erklärt Scherer-Lorenzen.
In städtischen Umgebungen gehören die Verringerung der Hitze und die Verbesserung der Luftqualität zu den Prioritäten, während in ländlichen Landschaften der Fokus stärker darauf liegen könne, die Prävalenz der Borreliose zu verringern und den Ertrag von Heilpflanzen zu steigern.