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imageWarum eine Studie selbst lesen, wenn es auch Videozusammenfassungen gibt? Symbolbild: Unsplash.

Easiness effect: Warum Video-Abstracts zur Selbstüberschätzung führen können

Kurze Videos in einfacher Sprache gelten als ideales Mittel, um Forschung verständlich zu machen – auch in der Medizin. Doch wer sich wissenschaftliche Inhalte zu leicht erschliesst, überschätzt schnell die eigene Kompetenz, so eine Kölner Studie.

Sarah Bourdely2.7.20255"
Videozusammenfassungen können Studien anschaulich vermitteln – und dabei in die Irre führen. Denn: Wer ein kurzes, verständliches Video sieht, hält sich eher für kompetent genug, die wissenschaftlichen Aussagen selbst einordnen zu können. Das geschieht unabhängig vom eigenen Vorwissen, der sogenannte «easiness effect» tritt ein.

Eine Studie des Departments für Psychologie der Universität zu Köln hat sich mit diesem Phänomen beschäftigt.
Gut gebildete Laien besonders anfällig
Das Team unter Leitung von Prof. Dr. Dr. Kai Kaspar wandelte vier Textzusammenfassungen wissenschaftlicher Studien in kurze Videos um – jeweils in zwei Varianten: eine mit Fachsprache und komplexer Darstellung, eine zweite in vereinfachter Sprache.

An der Studie nahmen ursprünglich 369 Personen teil. Nach Ausschluss aufgrund unvollständiger Fragebögen (n = 105), übersprungener Videos (n = 12) und nicht erfüllter Kriterien (n = 65) blieben 179 Teilnehmende übrig. Zielgruppe waren gut gebildete Laien, also volljährige Studierende. Diese sind gemäss früherer Studien besonders anfällig für diesen Effekt, so die Forschenden.

Die finale Stichprobe bestand aus 135 Frauen, 43 Männern und einer diversen Person, im Alter von 18 bis 45 Jahren (Ø = 25,1 Jahre). Die meisten studierten BWL, Architektur oder Sozialwissenschaften. Personen mit Psychologiestudium oder aussergewöhnlich langen Bearbeitungszeiten wurden ebenfalls ausgeschlossen.

Nach dem Ansehen der Videozusammenfassungen beurteilten die Teilnehmenden folgende Aspekte:

  • Verständlichkeit der Studie
  • Wahrgenommene Glaubwürdigkeit der Inhalte
  • Vertrauen in die eigene Fähigkeit, die Studie bewerten zu können
  • Wahrgenommene Entscheidungsfähigkeit, auf Basis der Studie handeln zu können – ohne zusätzliche Informationen
  • Interesse an vertiefenden Informationen
  • Bereitschaft zu Social Media-Interaktionen (liken, teilen, kommentieren)

Das Ergebnis: Die vereinfachten Videos wurden nicht nur als verständlicher und glaubwürdiger empfunden – sie führten auch zu einem deutlich höheren Vertrauen in die eigene Urteilsfähigkeit.
«Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit verantwortungsvoller Strategien in der Wissenschaftskommunikation», Kai Kaspar, Studienleiter, Uni Köln.
Die Studie testete zudem explizit, ob sich der Effekt durch ein vorgeschaltetes «Debiasing Video» abschwächen lässt – mit klarem Ergebnis: Entgegen der Annahme der Forschenden konnte selbst eine vorherige Aufklärung die Selbstüberschätzung der Teilnehmenden nicht beeinflussen.
Relevanz für medizinische Kommunikation
Für Ärztinnen und Ärzte, die Patientenvideos, Gesundheitsportale oder Social Media als Informationsquelle nutzen oder selbst aufbereiten, ist das ein wichtiger Hinweis: Vereinfachung kann nützlich sein – birgt aber auch die Gefahr, kritisches Hinterfragen zu unterdrücken.

«Dieses Experiment zeigt, dass der ‚easiness effect‘ mit Videozusammenfassungen zuverlässig erzeugt werden kann und sehr robust ist, da er auch dann bestehen bleibt, wenn man über den Effekt und seine potentiell negativen Auswirkungen auf die eigene Kompetenzeinschätzung aufgeklärt wurde», sagt Studienleiter Prof. Dr. Dr. Kai Kaspar in einer Medienmitteilung der Universität zu Köln.

Zur Originalpublikation:

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