Neben der Flüssigkeitszufuhr und einem individuell abgestimmten Kalorienbedarf kann sich vor allem die bedarfsgerechte Gabe von Nährstoffen positiv auf Immunabwehr und Wundheilung auswirken.
Vielfach diskutiert wurde in den vergangenen Jahren die zusätzliche Gabe von Glutamin. Denn kritisch Kranke haben oft einen erhöhten Umsatz dieser Aminosäure. Doch schon 2013 hatte die renommierte Canadian Critical Care Trials Group in der internationalen REDOX-Studie herausgefunden, dass eine frühzeitige Gabe von Glutamin in hoher Dosierung sogar mitverantwortlich für eine höhere Sterblichkeit bei Patienten mit Organversagen ist. Die zusätzliche Gabe von Glutamin wurde nachfolgend aus den Behandlungsleitlinien gestrichen.
RE-ENERGIZE für mehr Evidenz bei Brandverletzungen
«Mehrere kleinere klinische Studien deuteten jedoch weiterhin auf einen positiven Effekt von Glutamin auf die Stoffwechsel- und Stressreaktion bei Patienten mit schweren Brandverletzungen hin, sodass die Leitlinien in diesen Fällen eine Gabe von Glutamin weiterhin empfehlen», schildert Prof. Dr. med. Christian Stoppe von der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie am Uniklinikum Würzburg.
«Dieses Evidenzniveau war uns jedoch zu niedrig und die Unsicherheit bei Glutamin-Supplementierung zu hoch. Wir wollten es genau wissen. Daher haben wir in unserer RE-ENERGIZE-Studie (RandomizEd Trial of ENtERal Glutamine to minimIZE Thermal Injury) zehn Jahre lang in insgesamt 1209 Patienten mit schweren Brandverletzungen auf 54 Intensivstationen in 14 Ländern die Wirkung und Sicherheit von Glutamin untersucht. Die Betroffenen hatten Verbrennungen zweiten oder dritten Grades, das heisst, mindestens 15 Prozent der Gesamtkörperfläche war betroffen, im Schnitt waren es 33 Prozent.»
Effekt auf Dauer des Klinikaufenthaltes, Infektion und Sterblichkeit
Konkret hat das internationale Team in der doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten RE-ENGERGIZE-Studie untersucht, welchen Einfluss enterales Glutamin auf die Sterblichkeit hat, auf Infektionen, auf die Dauer des Aufenthalts auf der Intensivstation und im Krankenhaus, auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität und auf die Ressourcen des Gesundheitswesens. Kurz: Schadet die Intensivmedizin mit der Glutamin-Supplementierung den Patienten mit schweren Verbrennungen oder rettet sie Leben?
Kein Nutzen, kein Schaden
Weder noch lautet die Antwort, die jetzt in The New England Journal of Medicine (NEJM) detailliert* veröffentlicht wurde. «Unsere Daten zeigen, dass die zusätzliche Gabe von Glutamin hingegen der vielen kleinen Studien keinen zusätzlichen Nutzen hat. Es ist aber auch nicht gefährlich. Die Empfehlung für die Glutamingabe muss jedoch aufgrund der Studie nun revidiert werden müssen», kommentiert Christian Stoppe.PS
*Es wurden 1209 Patienten mit einer durchschnittlichen Verbrennungsgrösse von 33 % randomisiertund 1200 analysiert.
- 596 erhielten eine Glutamin-Supplementierung, 604 ein Placebo.
- Die mittlere Zeit bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus betrug 40 Tage in der Glutamin-Gruppe gegenüber 38 Tagen in der Placebo-Gruppe.
- Die 6-Monats-Mortalitätsrate betrug 17,2% in der Glutamin-Gruppe gegenüber 16,2% in der Plazebo-Gruppe.
- Bei den schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen wurden keine Unterschiede festgestellt.