Vor zehn Jahren wurde eine neue Form des gesteuerten Zelltods entdeckt, die Ferroptose.
- Anders als bei der Apoptose, nimmt die Zelle bei der Ferroptose grössere Mengen an Eisen auf.
- Das Eisen wird in der Zelle verstoffwechselt und führt schliesslich zur Zerstörung der Zellmembranen.
Solche Formen des Zelltods sind wichtige Steuerungselemente des Körpers etwa bei Entwicklungsprozessen und der Eliminierung defekter oder entarteter Zellen.
Geringes Ansprechen auf Checkpoint-Inhibitoren
Zur Bekämpfung von Krebs haben sich seit einigen Jahren Immuntherapien als Behandlungsoption etabliert, bei denen das körpereigene Abwehrsystem dazu stimuliert wird, gegen Krebszellen vorzugehen. Eine Reihe dieser Immuntherapien setzt dabei erfolgreich an Schlüsselstellen des Immunsystems, den Checkpoints an, an denen das Immunsystem ausgebremst wird.
Viele Tumoren bilden Schlüsselproteine, um sich vor Angriffen durch die T-Zellen zu schützen. Daher sind bei einigen Krebsarten medikamentöse Blockaden des «Aus-Schalters», also Immun-Checkpoint-Blockaden, inzwischen Teil der Standardtherapie. Bei anderen Krebsarten wie zum Beispiel Leberkrebs ist das Ansprechen auf die Immun-Checkpoint-Blockade leider gering.
Ferroptose aktiviert T-Zellen
Forscher des Georg-Speyer-Hauses haben gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Frankfurt und der Goethe-Universität jetzt an Mäusen, die an Darmkrebs erkrankt waren, beobachtet, dass eine Substanz zur Auslösung der Ferroptose zur Aktivierung von T-Zellen führt, die Krebszellen gezielt töten können.
Das Problem: Die Aktivität der T-Zellen wurde durch zwei unabhängige Mechanismen sofort wieder gestoppt:
- Zum einen bildeten die Krebszellen ein Schlüsselprotein zur Bedienung des «Aus-Schalters» von T-Zellen, den Immun-Checkpoint-Rezeptor PD-L1.
- Zum andern traten weitere Zellen des Immunsystems auf den Plan, deren Aufgabe es ebenfalls ist, eine Immunantwort des Körpers zu bremsen, die myeloiden Suppressor-Zellen.
Dreifachkombination bremst Tumorwachstum
Verabreichten die Forscher den erkrankten Mäusen jedoch eine Dreierkombination aus
- einem Ferroptose-Aktivator,
- einem Immun-Checkpoint-Inhibitor
- und einer Substanz, die verhindert, dass myeloide Suppressorzellen angelockt werden,
so wurde das Wachstum der Lebertumoren deutlich reduziert.
In weiteren Tests an Mäusen stellen die Wissenschaftler fest, dass die Kombinationstherapie auch die Zahl der Lebermetastasen reduzieren konnte, die von einem streuenden Darmtumor stammten. Der Darmtumor selber sprach allerdings nicht auf die Kombinationstherapie an.
Mikroumgebung spielt entscheidende Rolle
Prof. Fabian Finkelmeier, einer der beiden Erstautoren meint: «Offenbar ist die Kombinationstherapie von der Mikroumgebung der Leber abhängig und hängt nicht vom Ursprung des Krebses ab. Dies deutet darauf hin, dass unsere Kombinationstherapie bei Lebermetastasen jeder Krebsart wirksam sein könnte.»
Dr. Claire Conche, die zweite Erstautorin, erklärt: «Mit dieser neuen Kombinationstherapie greifen wir das Immunsystem von drei Seiten an. Zunächst machen wir die tumorbekämpfenden T-Zellen reaktiv gegenüber den Tumorzellen. Dann beseitigen wir die Hindernisse, denen die tumorbekämpfenden T-Zellen gegenüberstehen: die Suppressionszellen und die Abschirmung durch PD-L1.»PS