Krankenhauskeime sind häufig ein Problem bei schwärenden Wunden. Um selektiv gramnegative oder grampositive Krankenhauskeime wirksam zu bekämpfen, hat eine Forschungsgruppe bakterizides Nanomaterial mit einem chemischen «Lichtschalter» versehen.
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Antibiotikaresistente Keime haben sich in Krankenhäusern zu einem ernsthaften Gesundheitsproblem entwickelt. Viele dieser Bakterienarten sind in der Umwelt weit verbreitet, können aber bei immungeschwächten Patienten schwere Infektionen verursachen. Neben Antibiotika bieten bakterizide Materialien einen Ansatz, um Krankenhauskeime zu bekämpfen. Mrinmoy De und Kollegen vom Indian Institute of Science in Bengaluru (Indien) haben nun ein Nanomaterial hergestellt, das durch Einstrahlung von UV-/sichtbarem Licht seine Wirkungsweise umschaltet und dadurch sowohl grampositive als auch gramnegative Keime angreifen kann.
Unterschiedliche Aussenhüllen
Beide Bakterientypen haben eine unterschiedlich strukturierte und zusammengesetzte Aussenhülle.
Bei grampositiven Bakterien, wozu der der Krankenhauskeim Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA) gehört, besteht die Bakterienmembran zum grossen Teil aus Peptidoglykanen.
Gramnegative Bakterien wie Pseudomonas aeruginosa, ebenfalls ein Krankenhauskeim mit einer problematischen Resistenz gegen Breitband-Antibiotika, haben hingegen eine äussere und innere Membran hauptsächlich aus Phospholipiden mit einer dünnen Peptidoglykan-Zwischenschicht.
«Es ist wichtig, eine bakterizide Aktivität zu erreichen, die selektiv auf die Bakterienstämme wirkt», erklärt De.
Nanomaterial aus Molybdändisulfid (MoS 2): Trans- und Cisform
Um ein Bakterizid herzustellen, dass selektiv beide chemischen Aussenhüllvarianten angreift, funktionalisierte das Forschungsteam ein Nanomaterial aus Molybdändisulfid (MoS 2), einem bakteriziden Grundstoff, mit Azobenzoleinheiten, die eine quartäre, positiv geladene Aminogruppe trugen. Während die quartäre Aminogruppe durch die positive Ladung die Bakterienmembran depolarisieren kann, reagieren die Azobenzoleinheiten auf Einstrahlung von UV-Licht mit einem Umschalten von der gestreckten Trans- in eine gekrümmte Cis-Form.
Durch Tests mit chemischen Sonden und durch optische Messungen stellte das Team fest, dass sowohl die Cis- als auch die Transform des Nanomaterials die Bakterien abtötete, jedoch auf höchst unterschiedliche Weise.
Im Falle des gramnegativen P. aeruginosa depolarisierte die Transform die Bakterienmembran und durchlöcherte sie regelrecht. Das MoS2-Nanomaterial drang ein und tötete die Bakterien ab.
Umgekehrt reagierte der grampositive MRSA-Stamm stärker auf die Cisform. Diese schädigte und zersetzte die Zellwand durch spezifische Wechselwirkungen.
Bild: GDCh; Copyright: (c) Wiley-VCH
Erfolgreiche Wundheilung bei Mäusen
Nur durch Umlegen des UV-Lichtschalters steuerte das Team somit die Selektivität gegenüber der beiden Bakterientypen. Die zuverlässige Wirkung demonstrierte das Team durch eine erfolgreiche Wundheilung bei Mäusen, denen eine MRSA-infizierte Wunde beigebracht wurde. Die Wunde verschloss sich nach 10 Tagen vollständig bei Behandlung mit dem Cis-Reagenz, während die übliche Antibiotikabehandlung mit Vancomycin viel länger dauerte.PS