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Nicht nur für die Verdauung zuständig: Mythen und Fakten zum Mikrobiom

Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) befasst sich in einer aktuellen Folge ihres Podcasts «Gastro Geplauder» mit Mythen und Fakten rund um das Mikrobiom und klärt, wie sinnvoll Mikrobiomanalysen sind.

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Das Mikrobiom – schwerer Mitbewohner im Darm?
Die Zahl der Mikroben, die den menschlichen Darm besiedeln, geht in die Milliarden. Es sind hauptsächlich Bakterien, die sich dort tummeln, aber auch Archaeen (vormals: Archaebakterien), Viren und Pilze tragen zur mikrobiotischen Masse bei. Lange Zeit geisterte durch die Medien etwa die Annahme, dass das Mikrobiom 1,5 bis 2 Kilogramm wiegt – laut Professor Dr. med. Andreas Stallmach, Direktor der Klinik für Innere Medizin IV am Universitätsklinikum Jena, ein gutes Beispiel dafür, dass man Ergebnissen der Mikrobiomforschung teils auch kritisch begegnen müsse. «Hier wurde die Zahl der Mikroorganismen pro Gramm Stuhl hochgerechnet – offenbar aber leider fehlerhaft.» Es sei davon auszugehen, dass die Mikrobiommmasse deutlich leichter ist. Die genaue Zusammensetzung des Mikrobioms ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich und bleibt auch im Laufe des Lebens nicht konstant. «Die individuelle genetische Veranlagung spielt dabei ebenso eine Rolle wie die Ernährung, Bewegung, Hormone und die Einnahme von Medikamenten», sagt Stallmach.

«Schlechtes» Mikrobiom – ungesunder Mensch?
Umgekehrt nehmen Zusammensetzung und Zustand des Mikrobioms auch Einfluss auf die Gesundheit ihres Trägers. Ein gesundes Mikrobiom trägt dazu bei, die Darmbarriere aufrechtzuerhalten und potenziell krankmachende Keime und Giftstoffe am Übertritt in das Blut zu hindern. Auch hat es einen regulierenden Einfluss auf die Immunaktivität. Eine gestörte Darmökologie dagegen wird in Verbindung mit chronischen Entzündungen gebracht und ist möglicherweise an der Entstehung verschiedenster Erkrankungen beteiligt – von Stoffwechselleiden und Adipositas bis hin zu neurologischen Erkrankungen, Atemwegserkrankungen und Herz-Kreislauf- Leiden. «Gesichert wissen wir aber lediglich, dass bei vielen Erkrankungen das Mikrobiom verändert ist. Eine kausale Beziehung zwischen Erkrankung und Veränderungen im Mikrobiom ist nur bei Clostridioides difficile und der damit verbunden Antibiotikatherapie nachgewiesen.» Daher rät Stallmach auch von einer kommerziellen Mikrobiomanalyse ab, die nur selten zur Gesundheit von Patienten bei tragen könne Die auf dem freien Markt angebotenen Analysen seien zumeist zu oberflächlich und auch nicht zweifelsfrei interpretierbar.

Stuhltransplantation – Heilungschancen trotz Ekel-Stigma?
Kann ein nachhaltig beschädigtes Mikrobiom geheilt werden? Der Mikrobiomtransfer – die Stuhltransplantation – bei Colitis ulcerosa wird derzeit in Jena und weiteren Kliniken in der Bundesrepublik im Rahmen der FRESCO-Studie erforscht. Dabei wird der Stuhl von Menschen mit gesundem Mikrobiom Patienten mit Dickdarmentzündung eingesetzt. Erste Ergebnisse zeigten bereits, dass ein einmaliger Stuhltransfer nicht ausreicht, um einen Krankheitsstillstand oder gar eine Remission zu erreichen, berichtet Stallmach aus der Forschungsgruppe. Daher setzten die Forscher inzwischen auf die regelmässige orale Einnahme verkapselter Bestandteile gesunden Mikrobioms und erzielen damit erste Erfolge bei Colitis-ulcerosa-Patienten. «Die noch laufende Studie macht Hoffnung, dass wir mit dem Stuhltransfer den hohen Leidensdruck Betroffener mildern können. Es gilt dennoch, die finalen Ergebnisse abzuwarten», sagt Stallmach. Dies gelte auch insgesamt für die laufende Forschung in diesem Bereich: Erst mit gesicherten Ergebnissen könne die Patientenversorgung verbessert werden.

«Das Mikrobiom bekommt seit einigen Jahren medial grosse Aufmerksamkeit! Zurecht, denn auch wir erhoffen uns von der weiteren Erforschung Mittel und Wege, nicht nur gastroenterologische Erkrankungen zu behandeln. Fehlinformationen helfen jedoch nicht, schüren gar falsche Hoffnungen oder befördern Geschäftsmodelle wie die kommerzielle Mikrobiomanalyse. Dem möchten wir als Fachgesellschaft unbedingt entgegenwirken», sagt Privatdozentin Dr. med. Birgit Terjung, Ärztliche Direktorin der GFO Kliniken Bonn und Mediensprecherin der DGVS.PS

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