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Myokarditis nach Covid-Impfung: Studie liefert neue Erklärungsansätze

Bestimmte Zytokine begünstigen eine überschiessende Entzündungsreaktion im Herzmuskel, Estrogene dagegen hemmen sie. Das zeigen Forschende der Stanford University in einer neuen Studie – und erklären damit, warum diese seltene Nebenwirkung von mRNA-Impfstoffen vor allem junge Männer betrifft.

Sarah Bourdely15.12.20255"
Herzmuskelentzündungen nach mRNA-basierten Covid-19-Impfungen sind ein seltenes, aber seit der Pandemie intensiv untersuchtes Phänomen. Eine neue Studie liefert erstmals detaillierte Einblicke in den molekularen Mechanismus dieser Nebenwirkung – und schlägt mögliche Ansätze vor, um die Risiken zu minimieren.

Coronaimpfstoffe - Fakten vs. Fake News
Eine impfstoffassoziierte Myokarditis tritt bei etwa einem von 140'000 Geimpften nach der ersten Dosis auf und steigt nach der zweiten Dosis auf einen von 32'000. Die Inzidenz ist bei Männern unter 30 Jahren am höchsten (einer von 16'750 Geimpften).

Eine Covid-19-Infektion löst Myokarditis mit deutlich höheren Raten aus als eine Impfung – etwa 1'500 Fälle pro eine Million Covid-19-Patienten. Fälle, die durch eine Infektion verursacht werden, sind laut Angaben des Centers for Disease Control and Prevention (CDC) schwerwiegender als solche, die durch eine Impfung ausgelöst werden.

mRNA-Impfstoffe stehen auf dem Prüfstand der US-Regierung unter Präsident Donald Trump. Im August wurden Forschungsverträge über 500 Millionen Dollar für die neuartigen Impfstoffe gekündigt, da diese laut US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy keinen wirksamen Schutz vor Infektionen der oberen Atemwege wie COVID-19 und Grippe böten.

Die US-Arzneimittelbehörde FDA untersucht aktuell potenzielle impfstoffbedingte Todesfälle in mehreren Altersgruppen. Laut US-Impfchef Vinay Prasad seien mindestens zehn Kinder möglicherweise an einer durch den Impfstoff verursachten Herzmuskelentzündung gestorben. Experten stellen dies aufgrund fehlender Daten infrage und kritisieren die Aussagen als «irreführend» und «politisch aufgeladen».

Das Team der Stanford University School of Medicine konnte in Labor- und Tiermodellen einen mehrstufigen immunologischen Prozess identifizieren:

  • Nach einer mRNA-Impfung steigen bestimmte immunologische Signalmoleküle an, insbesondere die Zytokine CXCL10 und Interferon-γ (IFN-γ).
  • Diese Zytokine aktivieren zunächst Makrophagen und daraufhin T-Zellen, was zu einer Überreaktion des Immunsystems führen kann.
  • In Folge dieser Aktivierung kommt es zu entzündlicher Infiltration und Stressreaktionen im Herzmuskel, erkennbar an erhöhten Markern wie kardialem Troponin.
  • Die Neutralisierung von CXCL10 und IFN-γ während der zweiten Dosis (21 Tage nach der ersten Dosis) reduzierte die durch den Impfstoff verursachte Herzschädigung bei Mäusen und reduzierte Marker für Herzstress

«Die mRNA-Impfstoffe haben einen enormen Beitrag zur Eindämmung der COVID-Pandemie geleistet», betont Joseph Wu, Direktor des Stanford Cardiovascular Institute und Mitautor der Studie, in einer Mitteilung. «Ohne diese Impfstoffe wären mehr Menschen erkrankt, mehr Menschen hätten schwere Folgen davongetragen und mehr Menschen wären gestorben.»

Trotzdem – oder gerade deshalb – müsse man seltene, aber reale Risiken dieser Impstoffe ernst nehmen, auch wenn die meisten Fälle glimpflich endeten. Das Risiko, durch eine Infektion mit Covid-19 an einer schweren Herzmuskelenzündung zu erkranken, sei zehnmal höher, gibt Wu zu bedenken.
Estrogene verhindern die Nebenwirkungen
Aber warum wird diese Nebenwirkung vor allem bei jungen Männern beobachtet? Auch hierfür fanden die Forschenden eine mögliche Erklärung: Offenbar hat das weibliche Sexualhormon Estrogen eine Schutzwirkung.

Um ihre Theorie zu prüfen, behandelte das Team menschliche Herzsphäroiden sowie Mäuse mit dem in Sojabohnen vorkommendem Phytoestrogen Genistein, was die entzündungshemmenden Wirkungen von Estrogen nachahmt. Damit verhinderten sie Gewebeschäden. Die Wirksamkeit des Impfstoffs blieb jedoch erhalten. In Folgestudie wollen die Forschenden prüfen, ob Genistein zu einer präventiven Behandlung entwickelt werden kann.

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