Eine internationale Umfrage mit über 1100 Medizinerinnen und Medizinern aus acht Ländern und Regionen zeigt: Mehr als die Hälfte würde für sich selbst Sterbehilfe in Betracht ziehen.
Dabei hängt die Zustimmung stark von der jeweiligen Gesetzeslage im Herkunftsland ab. Die Ergebnisse wurden im
Journal of Medical Ethics veröffentlicht.
Symptomlinderung wichtiger als Lebensverlängerung
Die Umfrage erfasste persönliche Einstellungen zu unterschiedlichen Massnahmen am Lebensende – darunter Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW), künstliche Beatmung, Sondenernährung, palliative Sedierung und ärztlich assistierter Suizid. Zwei hypothetische Szenarien dienten als Grundlage: fortgeschrittener Krebs und Alzheimer-Demenz.
- Von den 1408 eingegangenen Umfrageantworten wurden 1157 in die endgültige Analyse einbezogen.
- Diese zeigten, dass Ärztinnen und Ärzte lebenserhaltende Massnahmen bei Krebs und Alzheimer nur selten als (sehr) gute Option ansehen: HLW 0,5 % und 0,2 %; mechanische Beatmung 0,8 % und 0,3 %; Sondenernährung 3,5 % und 3,8 %.
Die Antworten wurden von Hausärzten, Palliativmedizinern und anderen Fachärzten eingeholt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit Patientinnen und Patienten am Lebensende behandeln, wie Kardiologen, Notfallmediziner, Onkologen, Neurologen und Intensivmediziner.
Die Studie basiert auf freiwilligen Umfragen in Belgien, Italien, Kanada, den US-Bundesstaaten Oregon, Wisconsin und Georgia sowie den australischen Bundesstaaten Victoria und Queensland.
Gesetzeslage beeinflusst Einstellung
Besonders deutlich wird der Einfluss des juristischen Umfelds bei der Bewertung von Sterbehilfe: In Belgien, wo Euthanasie seit 2002 erlaubt ist, sehen 81 % der Befragten diese Praxis im Krebsfall als (sehr) gute Option – in Italien, wo sie verboten ist, nur 38 %. Ähnlich zeigt sich der Unterschied im Alzheimer-Szenario (67,5 % in Belgien vs. 37,5 % in Georgia, USA).
Insgesamt würden rund 54 % der Befragten Euthanasie für sich selbst im Krebsfall in Erwägung ziehen, 51,5 % im Falle einer Alzheimer-Erkrankung. Gut ein Drittel (33,5 %) gab an, verfügbare Medikamente zum Suizid nutzen zu wollen.
Religiöse Überzeugung und Fachrichtung spielen ebenfalls eine Rolle
Neben dem rechtlichen Rahmen hat auch die persönliche Weltanschauung Einfluss auf die Haltung: Nichtreligiöse Ärztinnen und Ärzte befürworten ärztlich assistierten Suizid (65 %) und Euthanasie (72 %) deutlich häufiger als religiöse Befragte (38 % bzw. 40 %).
«Diese Ergebnisse könnten auch im Zusammenhang mit der moralischen Belastung stehen, die einige Ärztinnen und Ärzte bei der routinemässigen Fortführung der Behandlung am Lebensende empfinden, und sollten zum Nachdenken über die derzeitige klinische Praxis anregen.» Mroz et al. (2025)
Palliativmedizinerinnen und -mediziner schätzten die palliative Sedierung häufiger als gute Option ein, während Hausärztinnen, Onkologen oder Intensivmediziner tendenziell häufiger Sterbehilfe oder den Einsatz lebensbeendender Medikamente für sich selbst in Betracht zogen.