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imageObwohl Babys im Mutterleib geschützt heranwachsen sollten, sind sie bereits vor der Geburt diversen Umwelteinflüssen ausgesetzt. Wie Nanopartikel aus der Umwelt die Entwicklung des Kindes beeinträchtigen können, untersuchen Empa-Forschende in St. Gallen. Bild: Adobe Stock

Welches Risiko stellen Nanopartikel für Babys im Mutterleib dar?

Über die gesundheitlichen Auswirkungen von Nanopartikeln auf die Schwangerschaft ist bislang noch wenig bekannt. Ein interdisziplinäres Forschungsteam unter Leitung der Empa analysiert derzeit die Risiken für Babys im Mutterleib.

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Das menschliche Leben beginnt mit einer einzelnen Eizelle, die zu einem Wesen mit Billionen von Zellen heranwächst. Damit die hochkomplexe Entwicklung von Geweben und Organen möglichst geschützt ablaufen kann, hält die Plazentaschranke Krankheitserreger und Fremdstoffe ab. Wie dieser Schutzmechanismus mit Nanopartikeln zurechtkommt, erforschen Tina Bürki und ihr Team aus dem «Particles-Biology Interactions»-Labor der Empa in St. Gallen.

Nanopartikel sind in einer Vielzahl von Produkten enthalten; sie entstehen aber etwa auch bei Abnutzungs- und Verbrennungsprozessen. «Wir nehmen diese Substanzen aus der Umwelt über unsere Nahrung, über Kosmetik oder über die Atemluft auf», erklärt Bürki. Manche dieser Nanopartikel stehen im Verdacht, dem Baby im Mutterleib zu schaden. Ein geringes Geburtsgewicht, Autismus und Atemwegserkrankungen gehören zu den möglichen Folgen für das Kind.

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Gelangen Nanopartikel während der Schwangerschaft in die Plazenta, wird die Bildung von Blutgefässen unterdrückt. Fluoreszenzmikroskopie macht die Folgen im Hühnereimodell sichtbar: Die Äderchen (grün) bilden lediglich ein löcheriges, grobmaschiges Netz aus, wenn diese mit Botenstoffen aus einer Nanopartikel-belasteten Plazenta behandelt werden (unten). Im Vergleich dazu ein Kontroll-Hühnerei (oben) mit einem dichten Teppich aus feinsten Blutgefässen. Bilder: Empa

Mysteriöse Fernwirkung
Unklar ist bisher, wie die Nanopartikel auf das ungeborene Kind einwirken. «Wir wissen bereits, dass die Plazentaschranke viele Nanopartikel zurückhält oder deren Transport zum Embryo zumindest verzögert», so Bürki. Schäden am fötalen Gewebe sind aber trotzdem erkennbar, sogar dann, wenn keine Partikel im Fötus nachgewiesen wurden. Dem Rätsel dieser Fernwirkung der Nanopartikel geht die Empa-Forscherin mit ihrem Team nun auf den Grund. Gemeinsam mit klinischen Partnern vom Kantonsspital St. Gallen und Forschungspartnern der Universität Genf, des Universitätsspital Amsterdam und des Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung in Düsseldorf untersucht das Team die Folgen von häufigen Nanopartikeln wie Titandioxid oder Dieselruss auf die Funktion der Plazenta und deren indirekte Schädigung der embryonalen Entwicklung.

Hierfür nutzte das Team voll funktionsfähige menschliche Plazenten, die nach geplanten Kaiserschnitten zur Verfügung gestellt wurden. «Nur dank menschlichem Plazentagewebe lassen sich aussagekräftige Resultate zum Transport und der Wirkung von Nanopartikeln ermitteln», sagt die Empa-Forscherin. «Der Aufbau, der Stoffwechsel und das Ineinandergreifen von mütterlichem und fetalem Gewebe sind einzigartig und speziesspezifisch.»

Nanopartikel stören Produktion von Botenstoffen
In den Experimenten zeigte sich, dass Nanopartikel im Plazentagewebe die Produktion einer Vielzahl von Botenstoffen stört. Und diese Botenstoffe sind es, die folgenreiche Veränderungen der Embryonalentwicklung auslösen können wie eine geschädigte Blutgefässbildung.

Sichtbar machen lassen sich diese Auswirkungen in Labormodellen mit Hühnereiern. Eigentlich wachsen die Blutgefässe im Ei in enormer Geschwindigkeit und Dichte, um die Embryonalentwicklung zu ermöglichen. Ein dichtes Netzwerk von feinen Blutgefässen überzieht das Innere der Eierschale. Anders sieht es bei Eiern aus, die mit den veränderten Botenstoffen aus der Nanopartikel-belasteten Plazenta behandelt werden: In den Experimenten blieb das Blutgefässsystem löcherig und grobmaschig. «Nanopartikel wirken offenbar indirekt auf das Kind im Mutterleib ein, indem sie die Bildung von Blutgefässen über Botenstoffe hemmen», so Tina Bürki.

Empa-TV: Nanopartikel: Risiko für Babys im Mutterleib

Gesundheitliche Folgen
Derzeit untersuchen die Forscher systematisch die Gesamtheit der Botenstoffe, die eine Nanopartikel-belastete Plazenta abgibt, das Sekretom.
  • Unbelastet gleicht das Zusammenspiel von Hormonen, Entzündungsmediatoren und Signalstoffen zur Bildung von Organsystemen einem perfekt abgestimmten Orchester.
  • Klar ist bereits, dass die Kommunikation zwischen Plazenta und ungeborenem Kind durch die Anwesenheit von Nanopartikeln gestört wird und der Blutgefässbildung schadet.
  • Die Entwicklung des Nervensystems, so zeigen erste weitere Ergebnisse, scheint hingegen nicht betroffen.
Welche weiteren Störungen die Nanopartikel indirekt auslösen können, sollen nun kommende Analysen zeigen. «Da die Effekte sich auf die Gesundheit der Schwangeren und die Entwicklung des Kindes auswirken können, sollten dieses Erkenntnisse bei der Risikobewertung von Nanomaterialien mitberücksichtigt werden», so die Forscherin.

Interesse besteht denn auch beim klinischen Partner, dem Kantonsspital St. Gallen. Thomas Rduch von der Frauenklinik und gleichzeitig «Clinical Research Fellow» an der Empa betont: «Eine gesunde Plazenta ist für die Entwicklung des Kindes von immenser Bedeutung. Daher sind korrekte Risikobewertungen von Umweltbelastungen für Schwangere entscheidend.»PS


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