«Und wir haben durchgehend keine Wirkung auf die depressive Symptomatik gefunden», sagt Dr. Gerrit Burkhardt vom Center for Non-Invasive Brain Stimulation Munich-Augsburg (CNBSMA), das zur Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie gehört.
Transkranielle Gleichstromstimulation (tDSC)
Kinderleicht soll es sein, nach einer Schulung sogar von den Patienten zuhause machbar: Zwei Elektroden werden auf dem Schädel angebracht, verbunden mit einem Gleichstrom erzeugenden Gerät. Dann schaltet man ein, der sanfte Strom auf der Kopfhaut beginnt zu fliessen und moduliert idealerweise die Nervenzellen des Gehirns, allenfalls spürbar durch ein leichtes Kribbeln.
Bei der Depressionsbehandlung mit der transkraniellen Gleichstromstimulation (engl. transcranial direct current stimulation - tDCS) wird versucht, Nervenzellen im Stirnhirn wiederholt anzuregen und so anhaltende Veränderungen im Verschaltungsmuster der dortigen Nervenzellen zu erreichen.
tDCS: 160 Patienten an 8 Kliniken
In der neuen Studie wurden 160 Patienten mit mittelschwerer Depression an 8 Kliniken in Deutschland mit der tDCS behandelt. Alle Patienten waren stabil auf ein antidepressives Medikament eingestellt, von welchem sie allerdings nicht ausreichend profitiert hatten. Sechs Wochen lang bekam nun eine Hälfte der Patienten eine tDCS-Behandlung, die andere Hälfte eine Scheinbehandlung, die den Ablauf und die Begleiterscheinungen der Therapie nachahmt.
Resultat: keine Unterschiede in der Wirksamkeit des Verfahrens in beiden Gruppen - sechs Wochen nach der Behandlung nicht und sechs Monate danach auch nicht.
«Veröffentlichungen von Negativergebnissen sind oft für Ärzte ähnlich wichtig wie Wirksamkeitsnachweise, werden aber weiterhin häufig nicht publiziert oder nur mit geringer Sichtbarkeit», sagt Gerrit Burkhardt. «Die Veröffentlichung eines Negativergebnisses in einem hohen Journal ist also eine sehr erfreuliche Entwicklung und eine Stärkung von transparenter, unabhängiger Forschung.» Der Ansatz der tDCS ist damit nicht vom Tisch, sondern muss zunächst vor einer breiteren klinischen Anwendung weiterentwickelt und verfeinert werden.
Transkranielle Magnetstimulation (TMS) ist wirksam
Zur Behandlung depressiver Erkrankungen steht aber weiter die transkranielle Magnetstimulation (TMS) zur Verfügung, die auch in der 2022 veröffentlichten Nationalen Versorgungsleitlinie Unipolare Depression (D) empfohlen wurde. Dieser Behandlungsansatz wird aktuell durch eine nicht minder hochrangige Meta-Analyse gestützt, an der die Forschungsgruppe von Frank Padberg ebenfalls beteiligt war. Die Frage in diesem Fall: Kann die TMS Patienten mit depressiven Symptomen helfen, auch unabhängig von der Erkrankung? Vom Procedere her ähnelt die abgekürzt TMS genannte Methode der tDCS – nur werden in diesem Falle magnetische Pulse genutzt um das Stirnhirn zu stimulieren.
In Kooperation mit der Hong Kong Polytechnic University analysierten die Forscher insgesamt 174 Studien mit über 7900 Patienten. Etwas mehr Männer als Frauen, im Durchschnittsalter von 44 bis 63 Jahren.
Ergebnis: «Mit der TMS lassen sich depressive Symptome auch behandeln, wenn diese im Rahmen anderer Erkrankungen auftreten», wie Frank Padberg sagt.
Das bedeutet: Die TMS wirkt zum Beispiel auch bei Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen, die zeitgleich unter depressiven Beschwerden leiden. «Da die TMS sehr nebenwirkungsarm, aber wirksam ist, haben wir das Verfahren seit mehreren Jahren in unsere klinische Versorgung integriert», erklärt Padberg weiter.PS