Genfer Jugendliche werden auf ihren Wegen durch die Stadt und im digitalen Raum andauernd an Alkohol-, Tabak- oder Nikotinprodukte erinnert. Dies obwohl im Kanton Genf strenge Werbeeinschränkungen für diese Produkte gelten (betrifft Plakat- und Kinowerbung). Markennamen auf Gegenständen (z. B. Aschenbecher etc.) oder Sonderangebote und Aufschriften in den Verkaufsstellen sind aber möglich. Zudem bieten soziale Netzwerke weitere Marketing-Möglichkeiten, u.a. mit Influencern. Hier werden auch unter 18-Jährige erreicht.
Von zu Hause bis zur Schule oder zum Ausbildungsort begegnen 16- bis 18-Jährige durchschnittlich 15 Anreizen pro Kilometer. Sie werden also gut alle 65 Meter an diese Substanzen erinnert. Im digitalen Raum sind es an einem Wochentag etwa 10 und an einem Tag am Wochenende 15 Anreize, wobei es grosse individuelle Unterschiede gibt. Herumliegende Flaschen und leere Zigarettenpackungen, Menschen, die gerade Alkohol trinken, rauchen oder dampfen etc. «All diese Anreize widerspiegeln die Normalisierung des Konsums und können diesen für Jugendliche als akzeptierbar darstellen», erklärt Nicole Egli Anthonioz, Studienleiterin bei Sucht Schweiz.
Hotspots mit Konsumanreizen
Ein Drittel der Anreize im Zusammenhang mit Tabak- oder Nikotinprodukten ist auf Strassen oder in Parks anzutreffen, gut ein Drittel in einer Verkaufsstelle. Der Rest verteilt sich auf Gastronomiebetriebe sowie öffentliche Verkehrsmittel und Haltestellen. Alkoholbezogene Anreize gibt es am häufigsten bei Gastronomiebetrieben (fast zur Hälfte) und Verkaufsstellen (ein Drittel).
Häufig sind es Gleichaltrige, welche in den sozialen Netzwerken Konsumanreize transportieren. Jugendliche tauschen Bilder von Partys oder anderen Aktivitäten aus, wo der Substanzkonsum vorkommt. Influencer stellen die zweitgrösste Quelle von Anreizen dar. Im Gegensatz zur physischen Welt werden die Botschaften, die vor dem Konsum warnen oder Abstinenz empfehlen als mindestens ebenso eindringlich betrachtet wie Anreize, die den Konsum eher positiv werten. Dies zeigt, dass die sozialen Netzwerke auch eine Chance für Sensibilisierung und Prävention darstellen.
Die den Konsum verharmlosende Gesellschaft schützt ihre Jugend unzureichend
Jugendliche leben in einem Umfeld, wo süchtig machende Substanzen allgegenwärtig sind und der Konsum dazugehört. Die Gesellschaft muss Kinder und Jugendliche daher besser schützen. Alkohol, Tabak- und Nikotinprodukte richten bei ihnen besonderen Schaden an.
- Die Studie macht deutlich, dass Botschaften zur Sensibilisierung für die Risiken in sozialen Netzwerken schon heute ausgetauscht werden. Auf Jugendliche ausgerichtete Präventionsbotschaften müssten hier noch verstärkt platziert werden, um der Flut an Konsumanreizen und der Normalisierung des Substanzkonsums sowohl in der realen Welt als auch im digitalen Raum mehr entgegenzusetzen.
- Zusätzlich zu den national geltenden Einschränkungen kennt der Kanton Genf weitere Werberestriktionen bei Alkohol, Tabak- und Nikotinprodukten. Dies ist nicht überall der Fall. National geltende Massnahmen müssten beim Alkohol diskutiert werden, damit die Werbung Jugendliche nicht länger erreicht. Bei Tabak- und Nikotinprodukten steht nach dem Erfolg an der Urne nun die konsequente Umsetzung der Volksinitiative «Kinder ohne Tabak» an.PS
Konsumanreize kennen unterschiedliche Formen
Nebst gezielten Marketing-Botschaften sind Jugendliche in ihrem Alltag weiteren Anreizen ausgesetzt – z.B. in Form von herumliegenden Zigarettenpackungen oder leeren Flaschen und Büchsen. Die Forschung zeigt, dass eine wiederholte und unbewusste Exposition eine positive Einstellung gegenüber einem Produkt hervorrufen kann.
Was die Werbung anbelangt, so sind sich Fachleute über deren Wirkung einig. So zeigt das Standardwerk zur Tabakwerbung, die Literaturübersicht der amerikanischen Gesundheitsbehörde (sog. «Surgeon General») sowie neuere Arbeiten den Zusammenhang klar auf. Die Studien verdeutlichen insbesondere, dass Jugendliche, die der Tabakwerbung stärker ausgesetzt sind, eher mit dem Rauchen anfangen.
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