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Berufsübergreifender Vorbereitungstag verbessert Operationsergebnis

Einem Forschungsteam des Inselspitals, Universitätsspital Bern und der Universität Bern ist der Nachweis gelungen, dass ein berufsübergreifender Vorbereitungstag für komplexe Tumoroperationen im Kopf- und Halsbereich positive Auswirkungen auf das Operationsergebnis hat. Mit dem «multiprofessionellen, ambulanten Vorabklärungstag vor komplexen Operationen» wird nicht nur eine deutliche Verminderung der Komplikationen, sondern auch ein kürzerer Spitalaufenthalt und eine erhebliche Kostenreduktion erzielt.

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Kopf- und Halskrebs machen in der Schweiz etwa 3 Prozent aller Krebserkrankungen aus. Da viele Tumoren erst relativ spät diagnostiziert werden, beträgt die durchschnittliche 5-Jahresüberlebensrate nur 50–60 Prozent.

Fortgeschrittene Stadien von Kopf- und Halskrebs machen den Einsatz einer breiten Palette von Therapiemassnahmen nötig, darunter chirurgische Eingriffe, Bestrahlung und medikamentöse Behandlung. In vielen Fällen können Beeinträchtigungen des Schluckvorgangs, der Atmung, des Sprechens und ästhetische, von aussen sichtbare Veränderungen zurückbleiben. Die Häufigkeit und der Schweregrad dieser Folgeschäden sowie die Prognose des weiteren Verlaufes hängen aber nicht nur von der Art der Therapie und der Ausdehnung des Tumors ab, sondern auch von Nebenerkrankungen und der psychosozialen Situation der Patienten.

Deutliche Verbesserungen in drei Bereichen
In der hier vorgestellten Studie wurde eine neue, strukturierte und vertiefte Vorbereitung der Patienten vor einer komplexen Tumoroperation untersucht, die verschiedene beteiligte Berufsgruppen einbezieht. Die Methode «Multiprofessioneller ambulanter Vorabklärungstag vor komplexen Operationen (AVKO)» wurde in der Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, Kopf- und Halschirurgie am Inselspital, Universitätsspital Bern entwickelt und seit 2015 eingesetzt. Im Rahmen eines Vorbereitungstags werden neben dem ärztlichen Betreuungsteam neu auch die Pflege, die Logopädie und Psychologie sowie der Sozialdienst eingebunden. Die Studie verglich 81 Patienten, die seit 2015 einen AVKO erhielten, mit 80 Fällen vor 2015 ohne AVKO.

Die Resultate zeigen deutliche Verbesserungen in drei Bereichen:
  • Erstens traten seit der Einführung des AVKO deutlich weniger (-18 Prozent) schwerwiegende Komplikationen auf.
  • Zweitens konnte die Dauer des Spitalaufenthalts um 25 Prozent auf durchschnittlich 12 Tage erheblich reduziert werden
  • und drittens die mittleren Kosten pro Patient um gut 25 Prozent von etwa CHF 70000 auf CHF 51000 gesenkt werden.

Patienten entscheiden aktiv mit
Die klaren Verbesserungen durch den multiprofessionellen AVKO sind zunächst überraschend, haben Vorbereitungsaktivitäten doch schon vor der Einführung dieser neuen Methode in gewissem Masse stattgefunden. Doch der AVKO geht von einem neuen Ansatz aus:
Die vertiefte Vorbereitung basiert auf vier Säulen:
  1. Die strukturierte Erfassung des Gesundheitszustandes, des psychologischen Zustands und der sozialen Lebenssituation,
  2. die umfassende Aufklärung der Betroffenen über den Eingriff und dessen kurz- und langfristige Konsequenzen,
  3. die gemeinsame multiprofessionelle Beurteilung der Gesamtsituation und
  4. der Einbezug der Patienten und deren Angehörigen in die Entscheidungsfindung.
Prof. Dr. med. Roland Giger, Co-Erstautor und Studienleiter betont: «Ein grosser Vorteil des AVKO besteht darin, dass Patienten, die sich schlussendlich für eine Chirurgie entscheiden, eine viel klarere Vorstellung davon bekommen, was nach der Operation zu erwarten ist, und wir glauben, dass sie den Therapieanordnungen besser folgen können und psychologisch besser auf den postoperativen Prozess und die Veränderungen vorbereitet sind. Weiter ist zu beobachten, dass das individuelle Gesundheitsverhalten zum Beispiel in Bezug auf Alkohol- und Tabakkonsum in Vorbereitung auf die Operation angepasst wird.» Gerade bei Operationen, die erhebliche Auswirkungen auf wichtige Körperfunktionen wie Schlucken, Atmen und Sprechen haben können, spielt ein aktiver Einbezug des Patienten eine wichtige Rolle.

Risiken besser abschätzbar
Der intensive Kontakt aller involvierten Disziplinen und Berufsgattungen im Rahmen des AVKO hat noch einen weiteren entscheidenden Vorteil. Dr. med. Adrian Schubert, Co-Erstautor, fasst zusammen: «Da der AVKO die Kontaktzeit mit dem Patienten und dessen Angehörigen in der Vorbereitung intensiviert und erhöht, kann eine ganzheitliche Bewertung der medizinischen und psychologischen Aspekte sowie des sozialen Umfelds erfolgen. So können beispielsweise Patienten identifiziert werden, die wegen eines schlechten Allgemeinzustands für umfangreiche chirurgische Eingriffe nicht in Frage kommen. Weiter kann die persönliche Motivation geklärt werden. Skeptische Patienten werden dann unter Umständen eine solch einschneidende Operation eher ablehnen.» Die Autoren sehen in der verbesserten Risikobewertung vor der Operation, der individuelleren Patientenselektion und der Vorbereitung auf komplexe Operationen bei Kopf- und Halskrebserkrankungen die wesentlichen Gründe für die signifikante Reduzierung von schwerwiegenden Komplikationen nach der Einführung des AVKO.

Kaum Einfluss auf Sterblichkeit, Rehospitalisationen
Im Rahmen der vorliegenden Studie mit 81 Patienten, die per AVKO auf ihre komplexe Operation im Kopf- und Halsbereich vorbereitet wurden, konnte hingegen kein Einfluss auf die Sterblichkeit in den ersten 30 Tagen nach der Operation (in beiden Gruppen je zwei Todesfälle) und die Anzahl der Rehospitalisationen festgestellt werden.

Fazit
Für Patienten ist der multiprofessionelle AVKO sehr vielversprechend, da dieser die Behandlungsfolgen positiv zu beeinflussen scheint. Gleichzeitig zeigt sich auf institutioneller und auf Ebene des Gesundheitssystems, dass der AVKO die chirurgischen Ergebnisse und die finanziellen Aspekte erheblich zu optimieren scheint. Darüber hinaus fördert der AVKO eine positive Beziehung zwischen dem behandelnden, multiprofessionellen Team und den Patienten sowie ihren Angehörigen.PS


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