Gemäss ihrer in «The Lancet» veröffentlichten
Studie hat sich die Zahl der Menschen mit eingeschränkter Nierenfunktion in den letzten 30 Jahren
mehr als verdoppelt: von 378 Millionen im Jahr 1990 auf 788 Millionen im Jahr 2023.
Über die Studie
- Die Untersuchung war Teil der Global-Burden-of-Disease-Studie (GBD) 2023 – dem umfassendsten internationalen Projekt zur langfristigen Erfassung krankheitsbedingter Gesundheitsverluste. Die Ergebnisse dieser Initiative fliessen regelmässig in gesundheitspolitische Entscheidungen ein und dienen als Grundlage für zukünftige Forschung.
- Für die neuen Schätzungen analysierte das Team 2'230 wissenschaftliche Publikationen sowie nationale Gesundheitsdatensätze aus 133 Ländern. Dabei berücksichtigten die Forschenden nicht nur Diagnosen und Todesfälle, sondern auch den Grad der durch chronische Nierenerkrankung verursachten Einschränkungen.
Chronische Nierenerkrankung (CKD) gehört damit mittlerweile zu den zehn häufigsten Todesursachen weltweit. Rund 1,5 Millionen Menschen starben 2023 an den Folgen. Bei Berücksichtigung der veränderten Altersstrukturen entspricht die CKD-Mortalität einem Zuwachs von mehr als 6 Prozent seit 1993.
Unterschätze globale Belastung
Das Forschungsteam schätzt, dass etwa 14 Prozent der erwachsenen Weltbevölkerung mit CKD leben. Die Mehrheit der Betroffenen befindet sich in frühen Stadien der Erkrankung – ein Zeitfenster, in dem Interventionen besonders wirksam wären. Doch frühe Krankheitsstadien verlaufen meist asymptomatisch, weshalb die Autoren von einer «silent kidney crisis» sprechen.
Die Publikation zeigt zudem die enge Verflechtung mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Eingeschränkte Nierenfunktion trug 2023 zu rund 12 Prozent der globalen kardiovaskulären Todesfälle bei. Als zentrale Risikofaktoren identifiziert die Studie Hyperglykämie, Hypertonie und einen erhöhten Body-Mass-Index.
Versorgungsengpässe und strukturelle Hürden
«Unsere Analyse zeigt klar: Chronische Nierenerkrankungen sind weit verbreitet, oft lebensbedrohlich und entwickeln sich zunehmend zu einem zentralen Public-Health-Problem», sagt Josef Coresh, Co-Seniorautor der Studie und Direktor des Optimal Aging Institute von NYU Langone. «Die Ergebnisse sprechen dafür, CKD in der Gesundheitspolitik ähnlich hoch zu priorisieren wie Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder psychische Leiden.»
Doch noch bleiben strukturelle Hürden: In vielen Ländern fehle es sowohl an Routine-Urintests zur Früherkennung als auch an bezahlbarer Therapie, so die Autorinnen und Autoren. Dialyse und Transplantationen seien in vielen Ländern nur eingeschränkt verfügbar, insbesondere in Teilen von Subsahara-Afrika, Südostasien und Lateinamerika.
Neue medikamentöse Optionen der vergangenen fünf Jahre könnten das Fortschreiten der CKD bremsen und kardiovaskuläre Ereignisse reduzieren. Dennoch rechnen die Forschenden damit, dass es Jahre dauern wird, bis sich diese Fortschritte weltweit niederschlagen.