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Depressionen und Serotonin − Hypothese widerlegt?

In der Praxis werden Antidepressiva oft unter der Annahme verschrieben, dass depressive Personen unter einem Serotoninmangel leiden. Ein Forschungsteam vom University College in London (UCL), hat nun mit Beteiligung der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) die Serotoninhypothese der Depression im Rahmen eines systematischen Umbrella-Reviews überprüft.

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Die meisten heutzutage verschriebenen Antidepressiva verursachen eine zumindest temporäre Erhöhung des Serotoninspiegels. Deswegen wurde schon früh angenommen, dass Depressionen auf einen Serotoninmangel zurückzuführen sind, welcher durch die Vergabe von Antidepressiva korrigiert werden kann. Diese Hypothese konnte allerdings wissenschaftlich nie eindeutig bestätigt werden.

Metastudie: Serotonin spielt keine bedeutsame Rolle
Eine Forschungsgruppe unter der Leitung von Prof Dr. med. Joanna Moncrieff vom University College in London, unter Mitbeteiligung der ZHAW, hat nun die erste bereichsübergreifende systematische Literaturarbeit zur Serotoninhypothese der Depression veröffentlicht.

In ihrer Metastudie haben die Forschenden alle relevanten Forschungszweige berücksichtigt, darunter unter anderem genetische Studien zum Serotonintransporter, bildgebende neurobiologische Studien zu Serotoninrezeptoren, und Studien, die Serotonin in Körperflüssigkeiten gemessen haben (z. B. in der Cerebrospinalflüssigkeit). Über alle Forschungszweige hinweg fand sich keine zuverlässige wissenschaftliche Evidenz für die Serotoninhypothese. Die Befunde deuten vielmehr darauf hin, dass Serotonin in der Entstehung und Aufrechterhaltung der Depression keine bedeutsame Rolle spielt. Das heisst, bezüglich Serotonin-Konzentration oder -Aktivität unterscheiden sich Personen mit Depressionen nicht nachweislich von Personen ohne Depressionen.

Diese Befunde sind von grosser Praxisrelevanz, da immer noch viele Ärzte und ein Grossteil der Allgemeinbevölkerung davon überzeugt sind, dass ein Serotoninmangel eine wichtige Ursache von Depressionen ist. Der ZHAW-Forscher PD Dr. Michael P. Hengartner, der an der Studie mitwirkte, sagt: «Es ist wichtig, dass Hausärzte und Psychiater verstehen, dass die Serotoninhypothese eine wissenschaftlich unbegründete Annahme ist. Es gibt keinerlei beweiskräftige Evidenz, dass Depressionen auf einen Serotoninmangel zurückzuführen sind, der durch die Vergabe von Antidepressiva korrigiert werden kann. Patienten und die Allgemeinbevölkerung müssen entsprechend aufgeklärt werden».PS

  • Zur Originalpublikation
Moncrieff J et al.: The serotonin theory of depression: a systematic umbrella review of the evidence. Mol Psychiatry (2022). https://doi.org/10.1038/s41380-022-01661-0

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