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Eidgenössische Kommission für Fragen zu Sucht und Prävention nichtübertragbarer Krankheiten: Ein neues Instrument für eine risikosensible Suchtpolitik

Der Konsum psychoaktiver Produkte birgt Risiken. Der neue Bericht «Risiken regulieren» listet nun erstmals die 26 Stellschrauben auf, wie Gefährdungen gesetzlich minimiert werden können. Suchtmittel sind politisch dann gut reguliert, wenn möglichst viel Schaden mit möglichst wenigen Einschränkungen verhindert wird. Dafür empfiehlt die Eidgenössische Kommission für Fragen zu Sucht und Prävention nichtübertragbarer Krankheiten (EKSN) ein schrittweises Vorgehen hin zu einer risikosensiblen Schärfung der gesetzlichen Bestimmungen. Das spart Kosten, vermeidet Leiden, schafft Freiheiten und stärkt die Volkswirtschaft.

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Die Regulierung psychoaktiver Produkte in der Schweiz ist historisch gewachsen und entsprechend uneinheitlich. Bier und Schnaps werden besteuert, Wein aber nicht. Vor den Folgen des Rauchens und des Gamblings müssen Anbieter warnen, vor den Folgen des Trinkens und Gamens aber nicht. Tabakprodukte zum Rauchen werden deutlich stärker besteuert als Tabakprodukte zum Schnupfen. Bei legalen Substanzen gibt es Deklarationspflichten und Qualitätskontrollen, Betäubungsmittel werden aber unkontrolliert dem Schwarzmarkt und den kriminellen Organisationen überlassen.
Flickenteppich
Kurz: Die Schweizer Suchtpolitik ist ein «Flickenteppich». Dies ist die Haupterkenntnis einer Bestandsaufnahme, welche die Eidgenössische Kommission für Fragen zu Sucht und Prävention nichtübertragbarer Krankheiten (EKSN) 2022 vorgelegt hat. Nun doppelt die EKSN nach und liefert der Politik einen Orientierungsrahmen, mit dem sie psychoaktive Produkte massgeschneidert und risikosensibel regulieren kann.

Psychoaktive Produkte sind keine gewöhnlichen Konsumgüter. Sie bergen Risiken und können Abhängigkeiten verursachen. Wissenschaftlich belegt ist, dass es von vielen Faktoren abhängt, welche und wie grosse Risiken mit dem Konsum psychoaktiver Produkte einhergehen: von der Wirkung und Qualität des Produkts, von der Menge und Konsumform, von der Persönlichkeit und Gesundheit der Konsumierenden, vom Kontext und Setting des Konsums etc. Deshalb ist eine einfache Unterteilung von psychoaktiven Produkten in verbotene/gefährliche und erlaubte/ungefährliche Produkte aus einer fachlichen Perspektive höchst ungenau.

Noch immer ist eine solch vereinfachende Unterteilung der Leitgedanke in der Schweizer Suchtpolitik. Gleichzeitig hat die gesellschaftliche Wirklichkeit bereits heute vielfältige Abstufungen und Nuancierungen eingefordert. Die EKSN empfiehlt, diesen Weg bewusst und beherzt fortzusetzen: Psychoaktive Produkte sollen umso strenger reguliert sein, je mehr Risiken mit ihrem Konsum verbunden sind.

26 gesetzgeberische Handlungsmöglichkeiten
Die EKSN identifiziert dafür 26 gesetzgeberische Handlungsmöglichkeiten, die bereits heute – wenngleich noch wenig systematisch und fachlich inkohärent – genutzt werden. Dazu gehören Regulierungen der Herstellung (z.B. Bewilligungspflicht, Qualitätsanforderungen), des Verkaufs (z.B. Alters­grenzen, Informationspflicht), des Marketings (z.B. Werbeeinschränkungen, Warnhinweise), der Besteuerung und Preisgestaltung sowie des Konsums (z.B. Alkoholverbote im Stadion). Jede dieser 26 Stellschrauben kann politisch so fein abgestuft werden, dass möglichst viele Schäden der öffentlichen Gesundheit mit möglichst wenigen Einschränkungen der individuellen Freiheitsrechte einhergehen.

Die EKSN empfiehlt der Politik eine schrittweise Anpassung der heutigen Gesetzgebung im Dienst einer kohärenten Suchtpolitik. Sie schlägt dafür vor, auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse das bestmögliche Gleichgewicht zwischen dem individuellen Recht auf eine freie, informierte Konsumentscheidung, dem Gesundheits- und Jugendschutz, der Wirtschaftsfreiheit und den Sicherheitsbedürfnissen von Konsumenten, Angehörigen und der Gesellschaft zu suchen. Dabei müssen staatliche Eingriffe verhältnismässig, wirksam und effizient sein. Zu gewährleisten ist, dass diese Aushandlungsprozesse nicht einseitig von wirtschaftlichen Interessensgruppen dominiert werden, sondern in einem breiten zivilgesellschaftlichen, fachlichen und politischen Dialog erarbeitet werden.

Grösste Hebelwirkung beim Vertrieb
Das Anliegen der EKSN ist eine Optimierung der eingesetzten Regelungen und Ressourcen, keine generelle Verschärfung oder Liberalisierung der Märkte für psychoaktive Produkte. Denn Regulierung bindet immer auch Kräfte und Gelder, insbesondere der Polizei und der Strafverfolgungsbehörden. Es besteht ein volkswirtschaftliches Interesse daran, diese Ressourcen so einzusetzen, dass mit möglichst geringem Aufwand möglichst viel Leiden, Kosten und Produktivitätsausfälle vermieden werden können. Die heutige Suchtpolitik genügt diesen Anforderungen nicht. Beim Vertrieb – also an der Schnittstelle zwischen den produzierenden Betrieben und den Konsumierenden – sieht die EKSN dabei die grösste Hebelwirkung.PS

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