Home/Erhöhtes Risiko für Gürtelrose nach COVID-19-Impfung?
imageBild: Pixabay

Erhöhtes Risiko für Gürtelrose nach COVID-19-Impfung?

Die Sorge wegen Nebenwirkungen wie einer Herpes-Zoster-Erkrankung hält viele Menschen noch immer von der Impfung gegen SARS-CoV-2 ab. In einer Datenanalyse von mehr als 2 Miollionen geimpften Personen wurde dieses Risiko nun genauer untersucht. Eine ergänzende Kohortenstudie vergleicht das Herpes-Zoster-Risiko nach der COVID-19-Impfung mit dem nach einer Influenza-Impfung.

DGN22.11.20222"
Wiederholt gab es in der Literatur Berichte über Herpes Zoster in der Folge von COVID-19-Impfungen, so dass in Fachkreisen über einen ursächlichen Zusammenhang diskutiert wurde. Herpes Zoster kann prinzipiell jeder bekommen, der zuvor schon einmal Windpocken hatte. Das Varicella-Zoster-Virus (VZV) persistiert lebenslang latent im Körper und kann durch verschiedene Auslöser reaktiviert werden, wobei es dann aber nicht erneut zu Windpocken, sondern zur Gürtelrose kommt. Eine VZV-Reaktivierung kann z. B. bei (vorübergehender) Abwehrschwäche oder bei älteren Menschen aufgrund der absinkenden VZV-Antikörperspiegel entstehen.

Erste Analysen von Impfnebenwirkungen zeigten zwar einen Anstieg der Berichte über COVID-19-Impfung-assoziierte Herpes-Zoster-Infektionen; es war dabei jedoch nicht klar, ob diese Fälle auf eine vermehrte Berichterstattung zurückzuführen waren oder auf einen echten Anstieg der Inzidenz.

Herpes-Zoster-Risiko nach COVID-19-Impfung
Eine grosse retrospektive Kohortenstudie der University of California, San Francisco, ging daher speziell dieser Frage nach (1). Analysiert wurden Gesundheitsdaten der US-amerikanischen OLDW-Datenbank (Optum Labs Data Warehouse) von 2 039 854 gegen SARS-CoV-2 geimpften Menschen (BioNTech/Pfizer, Moderna oder Johnson-Johnson, in der Zeit 12/2020 – 6/2021). Das mittlere Alter der Geimpften betrug 43,2±16,3 Jahre und 50,6% waren weiblich. Von der gesamten Kohorte wurden 1 451 Personen mit einer Herpes-Zoster-Diagnose in die primäre STRI-Analyse (self-controlled risk interval) eingeschlossen, dabei wurde die Häufigkeit von Herpes-Zoster-Diagnosen im Risikointervall (30 Tage nach der ersten oder zweiten Impfdosis) ermittelt und mit späteren Intervallen verglichen (Kontrollintervall 30-60 Tage nach der Impfung).

Herpes-Zoster-Risiko nach Influenza-Impfung
Die Ergebnisse wurden ausserdem verglichen mit dem Herpes-Zoster-Risiko nach Influenza-Impfung aus zwei historischen Kohorten vor der Pandemie (1/2018 – 12/2019) und in der frühen Pandemie-Phase (3/2020 – 11/2020). Die Auswertung erfolgte adjustiert im Hinblick auf Alter, vorbestehende immunologische Beeinträchtigungen und Art des Impfstoffs.

COVID-19-Impfung nicht mit erhöhtem Risiko für VZV-Reaktivierung assoziiert
Im Ergebnis war die COVID-19-Impfung nicht mit einem erhöhten Risiko für eine VZV-Reaktivierung assoziiert (Inzidenzratenverhältnis IRR 0,91; p=0,08). Die Inzidenz war auch nicht höher als in der supplementären Kohortenanalyse nach Influenza-Impfung in der Zeit vor der Pandemie (1. COVID-Impfung HR 0,78; p<0,001; 2. COVID-Impfung HR 0,79; p<0,001) oder in der frühen Pandemiephase (1. COVID-Impfung HR 0,89; p=0,05; 2. COVID-Impfung HR 0,91; p=0,09). «Demnach war eine Gürtelrose nach Corona-Impfung bei weitem nicht so häufig wie es anfangs in der Berichterstattung den Anschein hatte», schlussfolgert Prof. Dr. Peter Berlit, Generalsekretär der DGN.

Risiko für andere Impfkomplikationen ebenfalls gering
Auch andere vermeintliche Impfkomplikationen, über die es immer wieder Fallberichte gab (z. B. Myokarditis oder Guillain-Barré-Syndrom), wurden inzwischen in grossen Studien evaluiert. So zeigte eine Analyse von über 5 Mio. vollständig geimpften Personen aus Israel (2), dass es bei 182 605 geimpften Adoleszenten zu 20 Myokarditiden kam, von denen nach CDC-Kriterien (Center for Disease Control) neun Fälle als wahrscheinlich bis sicher eingestuft wurden. Die Inzidenz betrug somit 4,8/100 000 Geimpfte; die Verläufe waren mild, die stationäre Behandlung lag bei median 2-4 Tagen und der Follow-up zeigte auch nach sechs Monaten eine gute Prognose.

Auch in Bezug auf das Guillain-Barré-Syndrom gibt es Entwarnung: Eine epidemiologische Studie aus Mexiko (12/2020 – 10/2021) ergab bei 81.842.426 Impfdosen (mit sieben SARS-CoV-2-Impfstoffen) eine GBS-Inzidenz von 1,19/1 000 000. Die GBS-Inzidenz war somit niedriger als vor der Pandemie (2019) mit 7,1/1 000 000 Personenjahren (3).

«Nach derzeitiger Studienlage ist die Impfung als relativ sicher einzustufen, Komplikationen waren bei systematischer Untersuchung bzw. in der Langzeitbeobachtung sehr selten», erklärt Prof. Berlit. «Menschen, die wegen extrem seltener möglicher Nebenwirkungen Angst vor der COVID-Impfung haben, müssen sich bewusst machen, dass alle diese Komplikationen viel häufiger bei der SARS-CoV-2-Infektionen auftreten. Dies wurde inzwischen auch für viele andere potenzielle, auch neurologische Nebenwirkungen gezeigt.»PS

Literatur
  1. Akpandak I et al.: Assessment of Herpes Zoster Risk Among Recipients of COVID-19 Vaccine. JAMA Network Open 2022; 5 (11): e2242240. doi:10.1001/jamanetworkopen.2022.42240
  2. Witberg G al.: Myocarditis after BNT162b2 Vaccination in Israeli Adolescents. N Engl J Med 2022 Nov 10; 387 (19): 1816-1817 doi: 10.1056/NEJMc2207270. Epub 2022 Oct 19.
  3. García-Grimshaw M et al.: Incidence of Guillain-Barré syndrome following SARS-CoV-2 immunization: Analysis of a nationwide registry of recipients of 81 million doses of seven vaccines. Eur J Neurol 2022 Nov; 29 (11): 3368-3379 doi: 10.1111/ene.15504. Epub 2022 Aug 2.

Rosenbergstrasse 115
8212 Neuhausen am Rheinfall
Telefon: +41 52 675 51 74
info@docinside.ch
www.docinside.ch

Handelsregistereintrag
Firmenname: DOCINSIDE AG
UID: CHE-412.607.286

Über uns
Bankverbindung

Schaffhauser Kantonalbank
8200 Schaffhausen
IBAN: CH76 0078 2008 2797 0810 2

Mehrwertsteuer-Nummer
CHE-412.607.286

Kontakte

Dr. med. Adrian Müller
Betrieb und Inhalte
adrian.mueller@docinside.ch

Dr. med. Richard Altorfer
Inhalte und Redaktion
richard.altorfer@docinside.ch

Dr. med. Christine Mücke
Inhalte und Redaktion
christine.muecke@docinside.ch

Copyright © 2021 Alle Rechte vorbehalten.
Powered by Deep Impact / Spectra