Am Beispiel des Basler Gefängnis-Pilotprojekts zeigt sich sehr deutlich, welchen direkten Nutzen Teledermatologie bringt. Welches Fazit ziehen Sie aus den vergangenen drei Jahren?
Wir haben von April 2020 bis Januar 2021 eine umfangreiche Befragung durchgeführt. Sie zeigt, dass auf Patienten wie auch auf Arztseite die Zufriedenheit gross ist und eine Fallabschussquote von 85 Prozent erreicht wird. Teledermatologie wird in der Mehrheit von Patienten zwischen 25 und 45 genutzt, die berufstätig und digitalisiert sind. Der Zeitfaktor spielt hierbei eine zentrale Rolle.
Und das nicht nur für den Patienten.
Auch für den Arzt bedeutet die teledermatologische Konsultation massive Zeitersparnis: er hat bereits im Vorfeld viele Informationen und muss weniger Zeit für eine strukturierte Anamnese aufwenden. Im Mittel brauchen wir rund 5-7 Minuten für eine online Konsultation. Zudem ist der Arzt auch räumlich unabhängig und kann etwa von unterwegs die Anfragen bearbeiten. In Zeiten von Fachärztemangel, kann Teledermatologie eine wichtige Triagefunktion erfüllen.
Medial gehypt wurde die Erkennung von Hautkrebs mittels App. Sie sagen jedoch klar, dass sich Teledermatologie nicht zur Krebserkennung eignet. Weshalb?
Das Risiko einer Fehldiagnose ist gross und kann fatale Folgen nach sich ziehen. Verdächtige Muttermale müssen deshalb immer von einem Arzt mit einem Dermatoskop begutachtet werden. Besonders gut eignet sich Teledermatologie zur Diagnose von chronisch entzündlichen Hauterkrankungen wie Schuppenpflechte, Ekzeme oder auch Akne.
Die Nutzer bezahlen die 75 Franken für die Konsultation bislang selbst, obschon die Krankenkassen doch ein Interesse daran haben müssten, Teledermatologie zu unterstützen.
Erste Krankenkassen haben die Teledermatologie bereits in ihr Portfolio mit aufgenommen - insbesondere über die Zusatzversicherungen. Neben den Krankenversicherungen liegt es aber auch beim Gesetzgeber, hier entsprechende Abrechnungsmöglichkeiten zu schaffen.
Ihre Auswertung zeigt auch, dass fehlendes Vertrauen in die Telemedizin eine verbreitete Sorge ist. Wie reagieren Sie darauf?
Es werden dieselben Gesundheitsdaten erhoben und gespeichert wie bei einer persönlichen Konsultation, diese werden verschlüsselt übermittelt und auf gesicherten Servern hinterlegt. Zugang bekommt der Arzt nur via Two-Factor-Authentification, ähnlich wie beim Online-Banking.
Werden die eingeschickten Bilder ausschliesslich von Experten beurteilt oder spielt künstliche Intelligenz (KI) bereits eine Rolle?
Aktuell ist es so, dass jeder Patient durch einen Dermatologen beurteilt wird. Ich bin aber überzeugt, dass KI in ein paar Jahren die Telemedizin unterstützen wird, etwa indem Krankheitsbilder bereits vorselektioniert werden und vom Arzt entsprechend schneller eine Diagnose und Therapie ausgesprochen werden kann.
Werden die meisten dermatologischen Konsultationen in Zukunft nur noch digital erfolgen?
Ich gehe davon aus, dass sich «hybride» Konstellationen durchsetzen werden. Das Unispital Zürich, das Unispital Basel und weitere Kliniken haben bereits heute eine teledermatologische Sprechstunde, in der wir täglich Patienten sehen und bei Bedarf persönlich einbestellen.PS