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imageWeltweit werden derzeit immer mehr Gentherapien für seltene Krankheiten zugelassen. Symbolbild: Unsplash.

Gentherapie heilt seltene lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung

Forschende des Inselspitals Bern und der Mayo Clinic haben erstmals eine Gentherapie entwickelt, die im Tiermodell eine tödliche Herzrhythmusstörung korrigiert. Der Ansatz könnte künftig auch bei anderen genetisch bedingten Herzkrankheiten helfen.

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Forschende des Inselspitals, Universitätsspital Bern, und der Universität Bern haben zusammen mit der Mayo Clinic (USA) eine neuartige Gentherapie entwickelt, die im Tiermodell eine tödliche genetische Herzrhythmusstörung korrigiert.

Die Therapie stellt die Funktion eines defekten Herz-Ionenkanals wieder her und könnte künftig Leben retten – vor allem bei Patientinnen und Patienten mit seltenen, bislang unheilbaren Rhythmusstörungen.
Ursache statt Symptome behandeln
Das Short-QT-Syndrom Typ 1 (SQT1) ist eine seltene Erbkrankheit, die häufig schon bei Kindern oder jungen Erwachsenen zu plötzlichem Herztod führt. Auslöser ist eine Mutation im KCNH2-Gen, das für einen zentralen Herz-Ionenkanal kodiert.

Bisherige Therapien – Defibrillatoren oder Medikamente wie Hydroquinidin – lindern nur die Symptome und sind mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden.

Das Team um Katja Odening, Professorin für Translationale Kardiologie an der Universität Bern und Leitende Ärztin am Inselspital, verfolgt erstmals einen ursächlichen Ansatz: Die neue KCNH2-SupRep Doppelstrategie unterdrückt das fehlerhafte Gen und ersetzt es gleichzeitig durch eine funktionierende Kopie. Im Tiermodell normalisierte die Behandlung das QT-Intervall vollständig und reduzierte das Risiko lebensbedrohlicher Rhythmusstörungen deutlich.
Gezielte Wirkung im Herzen
Um unerwünschte Effekte in anderen Organen zu vermeiden, nutzten die Forschenden AAV9-Viren, die bevorzugt Herzmuskelzellen infizieren.
Spezielle Promotoren sorgten dafür, dass das eingeschleuste Gen nur in Herzmuskelzellen aktiv wurde.

Die Gentherapie wurde über die Herzkranzgefässe injiziert – ähnlich wie bei einer Katheter-Behandlung. So konnte sie gezielt im Herzen wirken, ohne systemische Nebenwirkungen auszulösen.

«Zum ersten Mal greifen wir damit direkt an der genetischen Ursache dieser Erkrankung an, die bislang nur symptomatisch behandelt werden konnte», sagt Odening in einer Mitteilung. Gleichzeitig mahnt sie zur wissenschaftlichen Sorgfalt: «Nur durch weitere präklinische Forschung und klinische Studien kann der Sprung vom Tiermodell in die Patientenversorgung gelingen.»
Vom Tiermodell zur klinischen Anwendung
Bevor die Gentherapie erstmals bei Menschen eingesetzt werden kann, müssen Sicherheit, Langzeitwirkung und mögliche Nebenwirkungen weiter untersucht werden.

Unterstützt durch das Bern Center for Precision Medicine (BCPM) erforscht das Team im Rahmen des Lighthouse-Projekts PACE, ob ähnliche Strategien auch bei anderen erblichen Herzerkrankungen mit Risiko für plötzlichen Herztod eingesetzt werden können.

Mutationen im KCNH2-Gen verursachen nicht nur das seltene SQT1, sondern auch das deutlich häufigere Long-QT-Syndrom Typ 2 (LQT2).
Das Berner Team testet die Methode deshalb gemeinsam mit der Mayo Clinic und dem Biotech-Unternehmen Solid Biosciences derzeit auch in einem LQT2-Tiermodell.

«Somit könnte dieser vielversprechende Ansatz neue therapeutische Perspektiven eröffnen», so Odening.

Zur Originalpublikation:
  • Nimani S, et al.: «AAV9-mediated KCNH2 suppression-replacement gene therapy in a transgenic rabbit model of type 1 short QT syndrome», in: «European Heart Journal», August 2025.
  • DOI:10.1093/eurheartj/ehaf660


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