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Herzmedikament wirkt gegen Krankenhauskeim

Ein als Krankenhauskeim bekanntes Darmbakterium kann von einem Herzmedikament in Schach gehalten werden. Zu diesem überraschenden Ergebnis kamen zwei Forscher des Ulmer Universitätsklinikums.

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«Der bakterielle Darmerreger Clostridioides difficile ist ein gefürchteter Krankenhauskeim, der insbesondere dann auftritt, wenn Patienten mit bestimmten Antibiotika behandelt werden», erklärt Professor Panagiotis Papatheodorou vom Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie, Toxikologie und Naturheilkunde des Ulmer Universitätsklinikums. «Weil diese Antibiotika jedoch viele nützliche Bakterien im Darm abtöten, ist dessen Mikrobiom gestört. So kann der Erreger sich im Darm ungehindert vermehren und seine Proteintoxine TcdA und TcdB ausscheiden.»

Diese Toxine dringen in die schützenden Epithelzellen auf der Darmoberfläche ein und schädigen sie, indem sie wichtige Schaltermoleküle inaktivieren. Dies verursacht Erkrankungen wie Antibiotika-assoziierte Diarrhoe oder gar die pseudomembranöse Kolitis, eine lebensbedrohliche Darmentzündung. «Bei schwerstverletzten Traumapatienten auf Intensivstationen können die C. difficile-Toxine zudem zu posttraumatischen Komplikationen führen», erklärt Papatheodorou.

Ziel eines Kooperationsprojekts mit der Universität von Costa Rica war es nun, die Zellvergiftung durch C. difficile pharmakologisch zu verhindern. «Der Angriffspunkt, um die Giftstoffe des Bakteriums gezielt zu hemmen, ist ihre Abhängigkeit von Cholesterin in der Zellmembran der Wirtszellen», so Professor Holger Barth. «Senkt man also den Cholesterinspiegel mit Medikamenten ab, gelangen TcdA und TcdB weniger effizient in die Zellen – und deren Vergiftung bleibt aus.» Auf der Suche nach geeigneten Wirkstoffen bediente man sich dem Prinzip des Drug Repurposing, also der Erprobung bereits bekannter und lizenzierter Medikamente. Vorteile sind kürzere Weiterentwicklungs- und Zulassungszeiten sowie ein geringeres Risiko für unerwünschte Wirkungen.

Das Herzmedikament Amiodaron wirkt cholesterinsenkend
Die Idee, ausgerechnet Amiodaron zu untersuchen, hatte die Medizin-Doktorandin Judith Schumacher. «Dieses Medikament wird eigentlich als Antiarrhythmikum zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen eingesetzt», erklärt Schumacher. «Meine Literaturrecherche hatte hervorgebracht, dass es cholesterinsenkend wirkt. Wir prüften daher, ob eine Vorinkubation mit Amiodaron kultivierte Zellen auch vor einer Vergiftung mit TcdA und TcdB schützen kann.»

In ihren Experimenten untersuchten die Forscher kultivierte Säugetier- und Humanzellen. Schlüsselergebnisse überprüften sie an künstlichen Darmorganoiden – von der Ulmer Core Facility Organoids zur Verfügung gestellt –, die als Alternative zum Tierversuch dreidimensionale Modelle des menschlichen Darms darstellen. Mittels Licht- und Fluoreszenzmikroskopie machten die Forscher sowohl die Wirkung der C. difficile-Toxine auf kultivierte Zellen und Darmorganoide als auch den Hemmeffekt durch Amiodaron sichtbar. «Unsere Grundannahme, dass Amiodaron aufgrund seiner cholesterinsenkenden Wirkung in Zellen als Hemmstoff für TcdA und TcdB aus C. difficile infrage kommt, konnte dabei bestätigt werden», so Schumacher.

Amiodaron verfügt über weiteren toxinhemmenden Mechanismus
Der Publikation zufolge stellte man zudem fest, dass Amiodaron die Toxine noch über einen weiteren Mechanismus hemmt. «Um ihren toxischen Anteil in das Zellinnere zu transportieren, bilden die Toxine eine Membranpore», so Panagiotis Papatheodorou. «Unseren Daten nach hemmt Amiodaron diesen Vorgang, indem es direkt mit dieser Membranpore wechselwirkt – selbst bei TcdA- und TcdB-Varianten aus einem besonders virulenten und epidemisch auftretenden C. difficile-Stamm.»

Die zunehmende Resistenz des Bakteriums gegen Antibiotika mache die Behandlung entsprechender Erkrankungen und posttraumatischer Komplikationen zunehmend schwer, so der Forscher. «Das Herzmedikament Amiodaron könnte eine Begleittherapie von C. difficile-assoziierten Erkrankungen darstellen, die aber zunächst noch in klinischen Studien untersucht werden muss.»PS

  • Zur Originalpublikation
Schumacher J, Nienhaus A et al.: Exploring the inhibitory potential of the antiarrhythmic drug amiodarone against Clostridioides difficile toxins TcdA and TcdB, in Gut Microbes, 2023; 15;(2).

Quelle: Universität Ulm/Pressemitteilung, 10.10.2023

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