Herr Piguet, es gibt immer mehr Abrechnungsdienstleister im Gesundheitsmarkt. Weshalb erschwert das die Auswahl eines geeigneten Anbieters?
Olivier Piguet: Die Auslagerung des Debitorenmanagements, von der Honorarabrechnung bis zum Inkasso, an spezialisierte Firmen liegt im Trend und ist für Arztpraxen sinnvoll und günstiger, als eigene Personalressourcen dafür zu binden. So kann die Praxis mehr Patienten aufnehmen und behandeln und den Fokus auf Kernaufgaben richten. Doch Vorsicht vor versteckten Kosten und Reputationsrisiken! Nicht alle Anbieter verfügen über genügend Erfahrung im Gesundheitsmarkt, und einige belasten die Patienten mit exzessiven Gebühren und Zinsen und gefährden so meiner Meinung nach den Ruf der betreffenden Praxen.
Können Sie das anhand eines Beispiels erläutern?
Gewisse Factoring-Anbieter operieren mit einer Gebühr von 1 % auf dem abgerechneten Honorar, und zwar nicht zeitlich begrenzt als Promotion, sondern fix. Das ist kaum wirtschaftlich, weshalb ein Teil der anfallenden Kosten auf die Patienten abgewälzt wird, welche nebst hohen Zinsen (z. B. für Verzug oder Ratenzahlung) auch noch hohe Gebühren für Rechnungsstellung und Debitorenmanagement berappen müssen. Zudem werden viele Patienten für ein echtes Factoring (siehe Kasten) abgelehnt, bzw. etwa jede zweite Arztrechnung wird gar nicht übernommen, und das Debitorenausfallrisiko bleibt beim Arzt. Besonders heikel finde ich ist, dass der an Patienten verrechnete Zins oft sehr hoch, zum Teil knapp unter der Wuchergrenze liegt und dass einzelne Anbieter die Patientendaten für Marketingzwecke an Dritte weiterleiten. Da muss sich die Ärzteschaft schon fragen, ob sie ihren Patienten solches zumuten will.
Weshalb ist es wichtig, sich auch über die vom Abrechnungsdienstleister beauftragten Inkassofirmen zu informieren?
Auch da gibt es ein paar schwarze Schafe. Die Ärzteschaft ist jedenfalls gut beraten, die vom jeweiligen Abrechnungsdienstleister beauftragten Inkassofirmen, samt AGB und Gebührentarifen, genau zu prüfen. Denn diese Themen sind bei Konsumentenschützern und in der einschlägigen Presse ein Dauerbrenner. Da genügt es nur ein bisschen nach Stichworten wie «Inkassogebühren» oder «Verzugsschaden» zu googeln, um fündig zu werden. Klar: Schulden und entstandene Mehrkosten müssen vom Verursacher getilgt werden. Doch gebührt säumigen Patienten, welche meist ohne eigenes Verschulden (Unfall, Krankheit) in einen finanziellen Engpass geraten, ein gewisses Augenmass im Forderungseinzug.
Was ist insgesamt bei der Auswahl eines Anbieters für die externe Honorarabrechnung zu beachten?
Man sollte von allen relevanten Anbietern ein Angebot einholen und sich nicht auf Meinungen von Kolleginnen und Kollegen beschränken, selbst wenn diese in der gleichen Fachrichtung praktizieren. Jede Praxis hat individuelle Bedürfnisse an Liquidität, Soft- & Hardware, Versicherungen, Praxisgestaltung usw. Fehlentscheide können in der Folge kostspielig sein. Das Thema ist komplex, und die Unterschiede zwischen den Anbietern sind gross. Grundsätzlich: sich nicht blenden lassen. Eine tiefe Servicegebühr garantiert noch keine tiefen Gesamtkosten. Gewisse Anbieter klammern einige Gebühren (z. B. für Rechnungsdruck, Mahnservice, Versand von Unterlagen etc.) explizit aus oder bieten gewisse Dienste gar nicht an. Diese Aufwände werden gesondert und nicht gerade billig nachfakturiert und summieren sich in der Jahresrechnung. Auch zu klären gilt, wie lange man sich vertraglich bindet. Ob man die freie Wahl der Praxis-Software geniesst oder an die Nutzung einer bestimmten Lösung gebunden wird. Bei einem späteren Anbieter- oder Softwarewechsel kann sich dies nachteilig auswirken, wenn die Patientendaten transferiert werden müssen.
Welche Aspekte sollten sonst noch bedacht werden?
Wie schnell erhalten Sie Ihr Honorar? Noch am gleichen Tag der Abrechnung oder erst nach Wochen? Wird Ihr Honorarguthaben verzinst? Handelt es sich um echtes Factoring oder nur um eine beschränkte Vorfinanzierung? Dies sind nur einige wenige Fragen, welche, insbesondere bei Praxisneugründungen mit hohem Liquiditätsbedarf, relevant sind. Kann das Inkasso ausgeklammert werden, um den Dienstleister selbst zu bestimmen? Dies ist bei einigen Abrechnungsdienstleistern ohne weiteres möglich, so auch bei FMH Services (Factoring & Inkasso).
Begriffserklärungen
- Non-Recourse-Factoring (sog. «echtes» Factoring) = Es erfolgt keine Rückabwicklung bei Zahlungsausfall, die Factoring-Gesellschaft trägt das Ausfallrisiko.
- Recourse-Factoring (sog. «unechtes» Factoring) = Bei Zahlungsausfall wird die Bevorschussung durch die Factoring-Gesellschaft zurückgefordert, die Praxis trägt somit das Ausfallrisiko.
Olivier Piguet
Beratung & Verkauf
FMH Consulting Services AG (FACTORING & INKASSO)
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