Bis zum zweiten Geburtstag hat fast jedes Kind eine RSV-Infektion durchgemacht. Die Erkrankung beginnt meist mit einem leichten Schnupfen, greift dann auf die unteren Atemwege und die Lunge über und kann zu akuten Atembeschwerden und Atemnot führen. Weltweit starben im Jahr 2019 etwa 100 000 Kinder unter fünf Jahren an den Folgen einer RSV-Infektion – rund 97 Prozent davon in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen.
«Eine RSV-Erkrankung kann bislang nur symptomatisch behandelt werden. Bei schweren Verläufen ist eine Sauerstoffgabe überlebenswichtig, was in ärmeren Ländern häufig nicht rechtzeitig oder in ausreichendem Masse realisiert werden kann», sagt Prof. Dr. Beate Kampmann, Leiterin des Instituts für Internationale Gesundheit der Charité und Einstein-Professorin für Global Health. «Wir benötigen daher dringend eine Impfung, um die vulnerabelste Gruppe, nämlich Kinder unter sechs Monaten, wirksam vor schweren Krankheitsverläufen nach einer RSV-Infektion schützen zu können.»
Eine effektive Möglichkeit stellt eine Impfung während der Schwangerschaft dar, wie sie etwa gegen Grippe, Keuchhusten oder COVID-19 bereits empfohlen wird. Die werdende Mutter bildet nach der Impfung Antikörper, die sie über die Plazenta an das ungeborene Kind weitergibt. Es verfügt dann über einen effektiven Immunschutz, der über die ersten Lebensmonate anhält.
RSV-preF: Umfangreiche Impfstudie in 18 Ländern
Einen solchen Impfstoff, der während der Schwangerschaft verabreicht wird, hat ein Pharmaunternehmen gegen RSV entwickelt. In einer umfangreichen internationalen Studie, die zwischen 2020 und 2022 in 18 Ländern durchgeführt wurde, ist der Impfstoff namens RSV-preF auf Verträglichkeit und Wirksamkeit geprüft worden.
In der nun vorliegenden kontrollierten, randomisierten doppelblinden Phase-III-Studie wurde der Impfstoff 3682 zufällig ausgewählten Studienteilnehmerinnen während des zweiten oder dritten Schwangerschaftsdrittels als Spritze in den Oberarm verabreicht. Eine ähnlich grosse Vergleichsgruppe erhielt ein Plazebo. Nach der Geburt wurden die Kinder über ein bis zwei Jahre regelmässig sowie bei Anzeichen von Atemwegserkrankungen untersucht. Dabei wurde auf das RS-Virus getestet und die Schwere der Erkrankung nach einem vorab festgelegten Studienprotokoll bewertet.
Zulassung für RSV-Impfstoff beantragt
«Die Ergebnisse der Impfstudie sind ausgesprochen positiv», sagt Prof. Kampmann. «Bei über 80 Prozent der Kinder konnte durch die Impfung der Mutter während der Schwangerschaft ein schwerer Verlauf einer RSV-Erkrankung in den ersten drei Lebensmonaten verhindert werden, über zwei Drittel waren auch noch im Alter von sechs Monaten geschützt. Auch wurde die Impfung von den Frauen sehr gut vertragen.»
Die Zulassung des Impfstoffs ist bei den europäischen und US-amerikanischen Arzneimittelbehörden beantragt. Die Ergebnisse der Prüfung sollen voraussichtlich noch in diesem Jahr vorliegen.PS
Update zur Impfstoffzulassung: Experten mahnen zur Vorsicht
In einem Beitrag des British Medical Journal (BMJ) äusserten Experten Bedenken im Hinblick auf die Sicherheit des Impfstoffkandidaten »RSVpreF« des Arzneimittelherstellers Pfizer (1).
Erhöhtes Risiko für Frühgeburten?
Dabei geht es um die Frage, ob der Impfstoff das Risiko für Frühgeburten erhöhen könnte, weil ein ähnlicher Impfstoffkandidat des Herstellers GSK im Verdacht steht, entsprechende Nebenwirkungen auszulösen (2).
Der Pharmahersteller GlaxoSmithKline (GSK) musste die Phase-III-Studie zu seinem maternalen RSV-Impfstoff pausieren, weil der unabhängige Datenüberwachungs-Ausschuss die Unterbrechung aufgrund der Beobachtung vermehrter Frühgeburten bei einer routinemäßigen Sicherheitsbewertung empfohlen hatte [3, 4].
Quellen: