Das Forschungsnetzwerk COVIDSurg hat einen auf einem Fragebogen basierenden Index entwickelt und damit analysiert, inwieweit Krankenhäuser auf der ganzen Welt in der Lage gewesen sind, trotz der Corona-Pandemie weiterhin planbare, so genannte elektive Operationen durchzuführen. Die Forschenden untersuchten unterschiedliche Merkmale von Krankenhäusern, die in Zeiten erhöhter Belastungen zu einer Anpassungsfähigkeit in der Versorgung beitrugen.
Als Beispielfall wurde dafür die Belastung durch COVID-19 herangezogen. Weltweit werden Gesundheitssysteme häufig und aus völlig unterschiedlichen Gründen zusätzlich belastet, – etwa durch saisonale Ereignisse wie Infektionswellen, Naturkatastrophen oder Kriege. Auch der Klimawandel wird vermutlich Auswirkungen mit sich bringen.
«Surgical Preparedness Index» (SPI)
Eine Gruppe von Experten aus 32 Ländern hat den neuen «Surgical Preparedness Index» (SPI) entwickelt, der Krankenhäuser nach ihrer jeweiligen Infrastruktur, Ausstattung, der personellen Situation sowie den internen Abläufen bei planbaren chirurgischen Eingriffen anhand von 23 Fragen bewertet. Je höher der Wert des Index ausfällt, desto besser ist ein Krankenhaus auf zukünftige Probleme und Herausforderungen vorbereitet.
Weltweit haben sich 4714 Mediziner aus 119 Ländern an der Studie beteiligt und ihre eigenen chirurgischen Einrichtungen bewertet. Das Ergebnis zeigt, dass die meisten Kliniken eher schlecht auf solche besonderen Herausforderungen vorbereitet waren, was sich in der Pandemie durch eine starke Verminderung geplanter chirurgischer Eingriffe zeigte.
Index weltweit anwendbar
Prof. Dr. Alfred Königsrainer von der Universitätsklinik für Allgemeine Chirurgie in Tübingen kommentiert die Studie: «Der neue Index kann Krankenhäusern auf der ganzen Welt dabei helfen, sich besser und gezielter auf aussergewöhnliche Belastungen vorzubereiten. Das muss keine Pandemie sein. Hitzewellen, Naturkatastrophen oder auch kriegerische Auseinandersetzungen und Flüchtlingswellen stellen eine erhebliche Belastung dar. Wir sind davon überzeugt, dass die regelmässige Anwendung eines solchen Instruments Krankenhäusern auf der ganzen Welt dabei helfen kann, sich auf die Herausforderungen der Zukunft besser vorzubereiten. Trotz solcher erschwerten Umstände könnten dadurch zukünftig Wartelisten für Operationen verkürzt und Verzögerungen bei der operativen Versorgung von Patientinnen und Patienten vermieden werden.»
Dr. Markus Löffler ebenfalls vom Universitätsklinikum Tübingen, der die Publikation mitverfasst hat, bewertet: «Dieser Index ist bisher das einzige gut validierte Instrument überhaupt, mit dem die chirurgische Versorgungssicherheit bei besonderen Belastungen strukturiert beurteilt werden kann. Dadurch können zielgerichtet Massnahmen definiert und so bereits vorausschauend in die Sicherstellung der chirurgischen Versorgung investiert werden. Eine breite Anwendung vorausgesetzt, kann dieser Index dabei helfen, die chirurgische Versorgung auf der ganzen Welt zu verbessern. Das käme besonders Patienten zugute, die beispielsweise während Katastrophen jeglicher Art auf eine adäquate Versorgung angewiesen sind.»PS