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imageOliver Brinkmann, Fabian Landers und Pascal Theiler (von links nach rechts) im Labor mit den Silikonmodellen ihres Spin-offs Swiss Vascular. (Bild: Daniel Winkler / ETH Zürich)

Innovation: Medizin am lebensechten Silikonmodell üben

Das ETH-Spin-off Swiss Vascular entwickelt anatomisch exakte Silikonmodelle von Hirngefässen. Damit helfen die Forschenden nicht nur, Tierversuche zu reduzieren, sondern verbessern auch das medizinische Training für komplexe Eingriffe.

Deborah Kyburz, ETH Zürich16.6.20255"
Am Anfang standen Mikrokapseln. Winzige magnetische Transportvehikel, die zum Beispiel im Kampf gegen Krebs Medikamente gezielt im Körper platzieren sollen. Die entscheidende Frage war: Wie lassen sich diese Kapseln sicher durch die Gefässe steuern? Die Antwort fanden Fabian Landers und Pascal Theiler, Doktoranden am Departement für Maschinenbau und Verfahrenstechnik, nicht im Tierlabor, wo dies normalerweise getestet wird, sondern in einem 3D-gedruckten Gefässmodell. «Um den maximalen Erkenntnisgewinn aus geplanten Tierversuchen zu holen, übte das gesamte Team tagelang. Am Ende trug genau diese Vorbereitung entscheidend zum Erfolg der Versuche bei.», sagt Theiler rückblickend.

Ihre Lösung, die die ETH-Forschenden am Multi-Scale Robotics Lab der beiden Professoren Bradley Nelson und Salvador Pané i Vidal entwickelten, ist heute ein wachsendes Spin-off mit einer klaren Mission: Tierversuche da ersetzen, wo es möglich ist und Ärztinnen und Ärzten realitätsnahe Trainingsbedingungen bieten.
Wo Silikon Leben rettet
Ein erheblicher Teil der Tierversuche in der Schweiz entfällt auf die medizinische Forschung, insbesondere in der Entwicklung und Erprobung neuer Therapien und medizinischer Geräte. Dabei kommen oft grössere Tiere wie Schweine, Hunde oder Primaten zum Einsatz. Die Silikonmodelle von Swiss Vascular ermöglichen es, Eingriffe zu üben und Geräte zu testen, und so die anschliessend benötigte Anzahl an Tierversuchen zu reduzieren. Zudem lassen sich der Erkenntnisgewinn und die Erfolgsquote bestehender Versuche erhöhen, da vieles schon zuvor im Labor getestet wurde.

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Modell der «facial vessels» eines Schweins. In diesen Gefässen werden standardmässig Katheter getestet, die anschliessend beim Menschen im Gehirn eingesetzt werden. (Bild: Swiss Vascular)

Im Unterschied zu bisherigen Trainingsmodellen bestehen die 3D-gedruckten Swiss-Vascular-Modelle aus verschiedenen Kunststoffen, die sich in ihrer Elastizität wie echtes Gewebe verhalten. Dass die Modelle transparent sind, sodass jederzeit sichtbar ist, wo sich beispielsweise ein medizinisches Instrument befindet, ist ein Alleinstellungsmerkmal des Spin-offs.

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Für viele medizintechnische Geräte wie Katheter oder Stents fehlen realistische Trainingsmodelle. In der Forschung wird oft direkt am Tier getestet. Ein Modell eines menschlichen Gehirns, das detaillierteste, das momentan auf dem Markt ist. Die kleinsten Gefässe sind ca. 0,8 mm breit. (Bild: Swiss Vascular)

Die Modelle von Swiss Vascular basieren auf MRT- und CT-Scans und sind Nachbildungen von Blutbahnen im Gehirn, sowohl von Tieren wie Schweinen oder Schafen, wie auch von Menschen. «Gerade bei Eingriffen am Gehirn, wie etwa bei der Behandlung von Schlaganfällen, zählt jede Minute. Es ist entscheidend, dass Ärztinnen und Ärzte an präzisen Modellen trainieren können und möglichst gut vorbereitet sind», erklärt Landers.
Vom Labor in die Klinik
Dass die beiden ETH-Maschineningenieure zusammen mit Mitgründer Oliver Brinkmann, ebenfalls ETH-Doktorand, ein Start-up gründeten, war so nicht geplant. «Es war schlichtweg notwendig», sagt Landers «Wir bekamen zahlreiche Anfragen von Forschenden, Kliniken, und sogar internationalen Partnern.» Im Sommer 2024 wurde Swiss Vascular offiziell gegründet.

Mittlerweile ist das junge Unternehmen Teil eines grösseren Netzwerks und arbeitet eng mit der ETH Zürich, dem Universitätsspital Zürich und dem ETH 3R Hub zusammen. Das 3R-Prinzip steht für Replace, Reduce, Refine, also Ersetzen, Reduzieren und Verbessern von Tierversuchen. Genau dazu leisten die 3D-Modelle von Swiss Vascular einen Beitrag: Sie ermöglichen es, Tierversuche zu vermeiden, zu verringern oder gezielter zu planen.

Am 3R-Tag am 21. Juni demonstriert das Team, wie solche Alternativen konkret aussehen können. Besuchende erhalten die Möglichkeit, die Modelle selbst zu testen und erfahren aus erster Hand, wo sie bereits heute in der Forschung eingesetzt werden und wo ihre Grenzen liegen.
Forschung, die bleibt
Swiss Vascular ist ein Spin-off, das mehr sein will als ein Modellbauer für die Forschung. Die drei Gründer planen, eine umfassende Simulationsplattform zu entwickeln, mit der medizinisches Fachpersonal auch komplexe Eingriffe regelmässig üben kann, und zwar möglichst realitätsnah sowie ohne Risiko für Patientinnen, Patienten oder Versuchstiere.

Bis dahin ist es ein weiter Weg. Der Markt und die Nachfrage sind gross, aber die Herausforderungen sind es auch. «Man ist plötzlich mit forschungsfernen Themen wie Zertifizierungen, Verträgen und Finanzen konfrontiert», sagt Theiler. Dennoch überwiegt der Antrieb, etwas zu verändern: für die Forschung, für Kliniken und letztlich für Patientinnen und Patienten.

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