Die Körperpigmentierung eines Organismus wird durch farbgebende Substanzen und Strukturen in Zellen hervorgerufen, die sich zum Beispiel in der Haut, in den Haaren, Federn oder Schuppen befinden. Diese Pigmentierung schränkt Untersuchungen wichtiger Prozesse in einem lebenden Organismus (in-vivo) beträchtlich ein. Um dennoch einen detaillierten Blick in den lebenden Körper zu ermöglichen, werden transparente Modellorganismen entwickelt.
Lebensspanne bisher zu lang
Bereits erfolgreich generierte transparente Fischmodelle des Zebrabärblings (Zebrafisch) oder von Medaka (Japanischer Reisfisch) werden schon jetzt in der Krebsforschung verwendet. Eine Lebensspanne von bis zu fünf Jahren beim Zebrafisch bzw. zwei Jahren bei Medaka schränken deren Anwendung in der Alternsforschung zur genauen Untersuchung alternsbedingter Prozesse weitgehend ein, da sie zu langwierig und kostspielig sind.
Forschern des Leibniz-Instituts für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena ist es nun erstmalig mit Hilfe der CRISPR/Cas9-Technologie gelungen, einen transparenten Killifisch (Nothobranchius furzeri) namens „klara“ zu generieren, der mit einer Lebensspanne von maximal nur einem Jahr in-vivo-Untersuchungen alternsbedingter Prozesse möglich macht. Damit können neue Erkenntnisse zur Rolle und Funktion von Zellen zukünftig viel umfassender und detaillierter untersucht werden.
Klara – der transparente Killifisch
CRISPR/Cas9 ist eine molekularbiologische Methode, mit der man wie mit einer Art Schere, gezielt Gene inaktivieren oder modifizieren kann. Durch Anwendung dieser Methode gelang es den Jenaer Forschern, die für die Pigmentierung des Fisches verantwortlichen Gene zu deaktivieren und so erstmals einen transparenten Killifisch zu generieren. Die transparente Fisch-Linie, die von den Forschenden «klara» genannt wurde, ermöglicht nun am lebenden Tier eine Visualisierung der inneren Organe sowie deren Entwicklung. Gewissermassen ein klarer, ungetrübter (Durch-)Blick auf die Prozesse im Körper.
Die transparente Fisch-Linie umfasst derzeit etwa 200 Tiere am FLI, sowohl Männchen als auch Weibchen, die nun in zahlreichen Projekten der Alternsforschung eingesetzt werden können.
Welche Rolle spielen seneszente Zellen im Alternsprozess?
«Unser transparenter Fisch hat ein grosses Potential für die Alternsforschung und eröffnet ein breites Spektrum völlig neuer Anwendungsmöglichkeiten. In meiner Gruppe wird die neue transparente Fisch-Linie bereits für in-vivo-Studien von seneszenten Zellen eingesetzt», berichtet Prof. Englert. Seneszente Zellen sind Zellen, die sich nicht mehr teilen und durch die stetige Freisetzung entzündungsfördernder Stoffe umliegende Zellen und das Gewebe beeinflussen. Bisher ist nur wenig über die Rolle und Funktion dieser Zellen bekannt.
Man weiss, dass es beim Menschen, aber auch bei der Maus oder dem Killifischmit zunehmendem Alter zu einem Anstieg seneszenter Zellen kommt, die im Alternsprozess im Körper eine Art Dauerentzündung hervorrufen. Die gezielte Entfernung seneszenter Zellen könnte daher zu einer besseren Gesundheit oder gar zur Verlangsamung des Alternsprozesses beitragen. Die Erforschung und Entwicklung von Substanzen, sogenannter Senolytika, die die seneszenten Zellen wirkungsvoll aus dem Körper entfernen können, ist daher nicht nur für die Pharma- und Anti-Aging-Industrie, sondern auch für die Alternsforschung von grossem Interesse.
«Mit dem Einsatz der klara-Linie haben wir nun die Möglichkeit, die Rolle von seneszenten Zellen im lebenden Organismus auf molekularer Ebene live zu erforschen. Durch Markierung mit Fluorophoren und anschliessenden fluoreszenzmikroskopischen Untersuchungen können wir erfahren, wo diese wann im Körper auftreten, ob sie an bestimmten Orten im Körper eventuell gehäuft vorkommen und welche Auswirkungen ihre Entfernung auf die umliegenden Zellen und Gewebe hat», hebt Dr. Krug die Vorteile von «klara» hervor. Dies wird zu neuen Erkenntnissen bezüglich der Rolle und Funktion dieser speziellen Zellpopulation während des Alterns führen.PS