Die Therapie von Morbus Parkinson erfolgt in der Regel zunächst medikamentös mit Dopamin oral (L-Dopa) oder mit COMT-Hemmern und MAO-B-Hemmern. Bei fortschreitender Erkrankung verschlechtert sich oft die Medikamentenwirkung, es treten motorische Fluktuationen auf sowie Freezing, Hyperkinesie oder Dyskinesie.
Invasive Therapieverfahren
In fortgeschrittenen Stadien können invasive Therapieverfahren die motorischen Symptome und die Lebensqualität deutlich verbessern.
- Dazu gehört die Technik der tiefen Hirnstimulation (DBS), die heute für geeignete Krankheitssituationen zur Routine gehört. Dabei werden dauerhaft Elektroden in den Subthalamus implantiert und elektrische Impulse abgegeben. Der Hirnschrittmacher stellt für viele Patienten eine emotionale Hürde dar, da für das Legen der Sonden kleine Löcher in den Schädelknochen gebohrt werden.
- Die kontinuierliche Zufuhr von Medikamenten (als Pumpentherapien, z. B. die subkutane Gabe von Apomorphin oder die Gabe von Levodopa/Carbidopa in den Dünndarm (LCIG) über einen dauerhaft gelegten Schlauch durch die Bauchdecke wird ebenfalls eingesetzt.
- Neu ist der MRT-gesteuerter fokussierte Ultraschall (MRgFUS), ein läsionelles Verfahren, das von aussen durch die geschlossene Schädeldecke zur Anwendung kommt.
- Die gezielte Thermokoagulation durch erhitzbare Elektroden in verschiedenen Hirnstrukturen (z. B. Pallidotomie, Thalamotomie) gehört zu den älteren, kaum noch eingesetzten operativen Verfahren.
Die erste europäische Leitlinie für die Behandlung der Parkinson-Erkrankung wurde 2006 veröffentlicht, inzwischen erfolgt durch die European Academy of Neurology (EAN) in Zusammenarbeit mit der internationalen Movement Disorder Society (MDS) – European Section) regelmässig ein Update nach der GRADE-Methodik, bei der sowohl die Wirkungsstärke der Therapien graduiert werden als auch die Zuverlässigkeit, mit der diese Aussagen gelten. Aktuell wurde der erste Teil eines Updates der Behandlungsleitlinien zum Thema invasive Therapien des M. Parkinson publiziert.
Empfehlungen
Invasive Therapien sind bestimmten Patientengruppen mit spezifischen Profilen vorbehalten – meist Betroffenen mit fortgeschrittener Parkinson-Erkrankung. Der Einsatz der Massnahmen muss für jeden Einzelfall in einem spezialisierten Zentrum eingeschätzt werden. Alle Neurologen und Allgemeinärzte müssen aber die Einsatzgebiete für diese Therapien kennen, da diese bei den richtigen Patienten einen substanziellen Mehrwert gegenüber der rein medikamentösen Behandlung erzielen. Die wichtigsten evidenzbasierten Empfehlungen sind:
- Die tiefe Hirnstimulation des Nucleus subthalamicus (STN-DBS) wird für fortgeschrittene Stadien mit Fluktuationen, die mit oralen Medikamenten nicht zufriedenstellend kontrolliert werden können, als effektivste, am besten untersuchte, interventionelle Behandlungsmöglichkeit eingeordnet. Diesen Betroffenen sollte die STN-Stimulation oder als Alternative die elektrische Stimulation des Globus pallidus internus (GPi) angeboten werden.
- Auch in frühen Stadien bei geeigneten Patienten, die erst seit kurzem Fluktuationen entwickelt haben, ist die STN-THS besser wirksam als die rein medikamentöse Behandlung.
- LCIG- oder Apomorphin-Pumpen kommen für diese klinische Situation in Betracht, wenn stark behindernde Fluktuationen vorliegen, wobei die Apomorphinbehandlung keine Wirkung auf die Lebensqualität gezeigt hat.
- Bei Betroffenen mit einseitiger Parkinson-Erkrankungen kommt eine einseitige MRgFUS des Subthalamus in Betracht (aufgrund der limitierten begrenzten Datenlage dieser neuen Therapie nur innerhalb von Registern/Studien).
- Wenn die tiefe Hirnstimulation oder eine Pumpentherapie nicht geeignet sind, kann eine unilaterale Pallidotomie mit Thermokoagulation erwogen/angeboten werden.
- Die Behandlung mit läsionellen Verfahren sowohl mit der Thermokoagulation wie auch mit der gezielten Gamma-Strahlung wird sonst nicht empfohlen.
«Die Leitlinien geben einen detaillierten Überblick zur Evidenz invasiver Therapien bei unterschiedlichen Betroffenengruppen. Die neue GRADE-Methodik erlaubt eine sehr viel spezifischere Darstellung der Nachteile und Vorzüge dieser Therapien. Sie werden damit transparenter für Neurologen sowie für Allgemeinärzte, damit sie Betroffenen über die Therapien zum frühestmöglichen Zeitpunkt informieren können. Sie entscheiden darüber, ob Patienten zum richtigen Erkrankungszeitpunkt der Weg zu diesen modernen Behandlungsmassnahmen ermöglicht wird», kommentiert Prof. Deuschl abschliessend.PS