Was das Mammographie-Screening in Deutschland leistet – und wo es hakt
Der Jahresbericht 2022 zeigt eine hohe Trefferquote bei der Brustkrebsfrüherkennung. Doch nur jede zweite eingeladene Frau nimmt am kostenlosen Screening-Programm teil.
Sarah Bourdely9.7.20255"
Der aktuelle Jahresbericht des deutschen Mammographie-Screening-Programms liefert eine detaillierte Bilanz zur Brustkrebsfrüherkennung bei Frauen zwischen 50 und 69 Jahren.
Insgesamt wurden 2022 rund 5,6 Millionen Frauen zur kostenlosen Untersuchung eingeladen, knapp 2,9 Millionen nahmen teil – das entspricht einer Teilnahmerate von 51%.
Damit bleibt die Beteiligung deutlich unter den von der EU empfohlenen Zielwerten von 70 bis 75%, wie die Kooperationsgemeinschaft Mammographie mitteilt. Gleichzeitig zeigen die Ergebnisse der untersuchten Frauen einen klaren Nutzen bei regelmässiger Teilnahme.
Mehrheit der Befunde im Frühstadium
Von den 17'973 entdeckten Brustkrebsfällen im Jahr 2022 waren:
80% maximal 2 cm gross,
81% ohne Lymphknotenbefall,
21% im prognostisch ungünstigen UICC-Stadium II oder höher (bei Erstuntersuchungen: 27 %).
Bei Folgeuntersuchungen lag die Brustkrebsentdeckungsrate bei 5,7 pro 1'000 Untersuchungen, bei Erstuntersuchungen bei 8,5 pro 1'000.
Auch der Anteil sogenannter DCIS (duktale Carcinoma in situ), also nicht-invasiver Frühformen, war mit 18% vergleichsweise hoch.
Wer regelmässig kontrolliert wird, profitiert
Ein zentraler Befund des Berichts: 86% der Teilnehmerinnen nehmen regelmässig im Zwei-Jahres-Rhythmus teil. Diese Kontinuität spiegelt sich in einer niedrigeren Entdeckungsrate (weil weniger übersehene Karzinome vorhanden sind) und besseren Tumorprofilen wider.
Anzahl von Erstuntersuchungen und Folgeuntersuchungen 2022 in den Altersgruppen. Quelle: Jahresbericht 2022, Deutsches Mammographie-Screening Programm.
Mit zunehmendem Alter steigt das Entdeckungsrisiko:
Bei 65- bis 69-jährigen Folgeuntersuchungsteilnehmerinnen lag die Entdeckungsrate bei 8 von 1'000,
bei Jüngeren unter 65 Jahren bei etwa 4 von 1'000.
Besonders hoch ist die Entdeckungsrate bei Frauen, die sich erstmals und spät im Leben zur Untersuchung entschliessen: Hier wurde mehr als doppelt so häufig ein Karzinom festgestellt wie bei gleichaltrigen regelmässig untersuchten Frauen.
Wiedereinbestellungen und Intervallkarzinome
Frauen mit unklarem Befund wurden zu einer weiterführenden Abklärung eingeladen. Der Anteil solcher Wiedereinbestellungen lag 2022 bei 11% bei Erstuntersuchungen und 2,9% bei Folgeuntersuchungen.
Davon erwiesen sich 10,2% (Erst-) bzw. 2,3% (Folge-) als falsch-positive Befunde, die sich in der Abklärung nicht bestätigten. Diese Zahlen bewegen sich im Rahmen der EU-Leitlinien und gelten als Ausdruck einer hohen diagnostischen Sicherheit – auch wenn sie für betroffene Frauen eine psychische Belastung bedeuten können.
Die Programmsensitivität – also der Anteil der durch das Screening korrekt erkannten Fälle – lag stabil bei rund 80%. Daten aus mehreren Bundesländern (u. a. Bayern, Hessen, Hamburg) zeigen Intervallkarzinom-Raten im erwarteten Bereich, so die Autoren.
Fazit: Was bringen Screening-Programme?
Der Bericht zeigt: Das Mammographie-Screening-Programm in Deutschland funktioniert medizinisch auf hohem Niveau. Tumoren werden mehrheitlich in einem frühen, gut behandelbaren Stadium entdeckt, die Qualität der Befundung ist hoch, und die Prozesse – etwa Wartezeiten – erfüllen die EU-Leitlinien .
Trotz dieser positiven Befunde bleibt die Teilnahmerate der grösste Schwachpunkt: Nur etwa jede zweite Frau folgt der Einladung. Besonders vor dem Hintergrund der deutlich schlechteren Befunde bei spät oder unregelmässig teilnehmenden Frauen stellt sich die Frage, wie mehr Anspruchsberechtigte für das Angebot gewonnen werden können.