Bodenübertragene Helmintheninfektionen werden durch verschiedene Arten von parasitären Würmern verursacht, zu denen Peitschenwürmer, Hakenwürmer und Spulwürmer gehören. Mehr als 1,5 Milliarden Menschen weltweit sind mit mindestens einem dieser Würmer infiziert, der Grossteil davon lebt in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen.
Bei den Betroffenen können Symptome wie Bauchschmerzen, Durchfall und Anämie auftreten, während schwere Infektionen zu Unterernährung und Beeinträchtigungen des Wachstums und der körperlichen Entwicklung führen können.
Albendazol und Mebendazol nur wenig wirksam
Für die Behandlung stehen Medikamente zur Verfügung, deren Wirksamkeit jedoch sehr unterschiedlich ist. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt derzeit die Behandlung mit Albendazol und Mebendazol. Gegen den Peitschenwurm Trichuris trichiura ist die Gabe von einer Dosis dieser Medikamente jedoch nur bei 17 Prozent der infizierten Personen erfolgreich, wie die neue Studie zeigt. Ausserdem werden aufgrund der zunehmenden Medikamentenresistenz dringend neue Behandlungsalternativen benötigt.
Veterinärmedikamnet Emodepsid: alle behandelten Personen geheilt
Um diesen ungedeckten Bedarf nach Anthelminthika zu decken, haben Forschende des Swiss TPH nun Emodepsid erstmals an Menschen getestet, die mit bodenübertragenen Helminthen infiziert sind.
«In dieser Studie hat Emodepside hohe Heilungsraten für alle drei bodenübertragenen Helminthen gezeigt», sagt Emmanuel Mrimi, Erstautor der Studie. Mit der niedrigsten getesteten Dosis von 5 Milligramm konnten 83 Prozent der mit dem Peitschenwurm infizierten Personen erfolgreich geheilt werden. «Eine auf 15 Milligramm erhöhte Gabe von Emodepsid bewirkte bei allen Personen eine vollständige Heilung. Mit den bisherigen Anthelminthika ist die Heilung von Menschen, die mit dem Peitschenwurm infiziert sind, nicht möglich.» Weiterhin wurde auch eine hohe Wirksamkeit bei der Bekämpfung von Spulwürmern und Hakenwürmern festgestellt.
«Das Medikament zeigt auch andere wichtige Eigenschaften. Es ist gut verträglich und die meisten unerwünschten Nebenwirkungen in der Studie waren mild», sagt Mrimi.
Zusammenarbeit mit lokalen Partnern
Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit dem Public Health Laboratory Ivo de Carneri auf der Insel Pemba in Tansania durchgeführt. In die Studie wurden insgesamt 442 Teilnehmer aufgenommen, die mit einem oder mehreren der drei wichtigsten bodenübertragenen Helminthen infiziert waren. Die Studienteilnehmer wurden dann nach dem Zufallsprinzip in Behandlungsgruppen aufgeteilt, die Emodepsid, Albendazol oder ein Placebo erhielten.
Emodepsid ist ein Anthelminthikum, das bisher in der Veterinärmedizin eingesetzt wurde. «Das sogenannte Repurposing von Medikamenten ist eine Schlüsselstrategie der Forschung für die Entdeckung und Entwicklung von Anthelminthika, die jedoch vernachlässigt und nicht ausreichend finanziert wird», so Jennifer Keiser, Professorin für Vernachlässigte Tropenkrankheiten an der Universität Basel.
Das Swiss TPH hatte das Arzneimittel bereits in Laborstudien getestet. «Aufgrund der vielversprechenden Ergebnisse im Labor sahen wir das Potenzial für die Behandlung von Personen, die mit bodenübertragenen Helminthen infiziert sind», sagte Jennifer Keiser. Aus diesem Grund wurde das Arzneimittel weiterentwickelt.
Von der Innovation zur Anwendung
«Die jüngsten Ergebnisse der klinischen Studien sind wichtige und ermutigende Nachrichten auf dem Gebiet der vernachlässigten Tropenkrankheiten. In den letzten Jahrzehnten wurde kein neues Anthelminthikum entwickelt. Daher ist diese Studie ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Eindämmung und Eliminierung von bodenübertragenen Helminthiosen», so Keiser weiter.
Das Swiss TPH wird nun gemeinsam mit dem Pharmakonzern Bayer an der weiteren Entwicklung des Medikaments arbeiten. «Unser Ziel ist die Zulassung des Medikaments für die Verabreichung an Menschen, damit es in Zukunft bedürftigen Patientinnen und Patienten zur Verfügung steht», so Keiser.PS