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imageDas IDEAL-Modell macht den Weg zu neuen OP-Verfahren wie ALPPS nachvollziehbar und sicher. Symbolbild: Unsplash.

Neue Standards für chirurgische Innovation: Zürich zeigt, wie’s geht

Neue Operationstechniken bringen Fortschritt, aber auch Risiken. Forschende der Universität Zürich zeigen, dass sich beides verbinden lässt: am Beispiel der Leberoperation ALPPS entsteht ein Leitfaden dafür, wie chirurgische Innovation verantwortungsvoll gelingt.

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Chirurgische Innovation rettet Leben – kann aber auch gefährlich sein, wenn neue Verfahren zu früh eingesetzt werden.

Eine internationale Forschungsgruppe um Pierre-Alain Clavien von der Universität Zürich und dem Swiss Medical Network (Privatklinik Bethanien, Zürich) zeigen nun, wie sich neue Operationstechniken strukturiert und sicher entwickeln lassen.

Ihre internationale Studie wurde an der Jahrestagung der European Surgical Association in Genf vorgestellt und in «Annals of Surgery» veröffentlicht.
Das Problem: Innovation ohne Struktur
Viele neue Operationverfahren entstehen aus klinischer Erfahrung und technischer Kreativität – aber oft ohne klaren Fahrplan. Dadurch gelangen manche Methoden in den klinischen Alltag, bevor sie ausreichend geprüft sind.

Das IDEAL-Modell, entwickelt von Forschenden der Universität Oxford, will das ändern. Das Modell beschreibt fünf Stufen, die eine neue Operationstechnik durchlaufen sollte:
  • Idee (Idea): Eine neue chirurgische Methode wird konzipiert.
  • Entwicklung (Development): Erste Eingriffe werden durchgeführt und technisch verbessert.
  • Erprobung (Exploration): Klinische Daten werden gesammelt, Register aufgebaut.
  • Bewertung (Assessment): Die neue Methode wird in Studien mit bestehenden Verfahren verglichen.
  • Langzeitbeobachtung (Long-term study): Ergebnisse und Nebenwirkungen werden langfristig überwacht.
Ziel ist es, chirurgische Innovation nachvollziehbar, transparent und wissenschaftlich überprüfbar zu machen.
ALPPS: neues Verfahren bei Lebertumoren
Wie das in der Praxis funktioniert, zeigen die Forschenden anhand der komplexen Leberoperation ALPPS (Associating Liver Partition and Portal Vein Ligation for Staged Hepatectomy). Das Verfahren wurde 2012 eingeführt, um Patientinnen und Patienten mit grossen Lebertumoren zu operieren, die früher als «nicht resektabel» galten.

Die Operation erfolgt in zwei Schritten:
  1. Zunächst wird ein Teil der Leber durchtrennt und der Blutfluss umgeleitet, damit das gesunde Restgewebe rasch nachwächst.
  2. Wenige Tage später kann der Tumor entfernt werden – mit deutlich geringerem Risiko eines Leberversagens.
Anfangs war ALPPS wegen hoher Komplikationsraten umstritten. Dank einer internationalen Kooperation unter Zürcher Leitung wurde die Methode aber systematisch überprüft:
  • Ein Register mit über 1300 Fällen aus 46 Ländern machte Risiken und Erfolgsfaktoren sichtbar.
  • Eine Konsensuskonferenz legte Standards für Technik und Patientenauswahl fest.
  • Eine randomisierte Studie zeigte, dass ALPPS bei ausgewählten Patientinnen und Patienten höhere Heilungschancen bietet.
Inzwischen gilt ALPPS als sicheres Verfahren für bestimmte Leberkrebsformen – und als Beispiel dafür, wie verantwortungsvolle chirurgische Innovation aussehen kann.
Warum das wichtig ist
Nachhaltiger Fortschritt in der Chirurgie basiert auf globaler Kooperation. Davon sind die Autoren überzeugt. Gemeinsame Datenplattformen, standardisierte Analysen und transparente Kommunikation zwischen Kliniken schaffen die Grundlage, um Innovationen sicher und nachvollziehbar zu gestalten.

Das IDEAL-Modell diene dabei als praxisnahes Werkzeug – nicht als starres Regelwerk, sondern als Leitfaden für eine verantwortungsbewusste Entwicklung neuer Verfahren.

Denn: Nur wenn neue Techniken nach einem strukturierten, transparenten Prozess eingeführt werden, lassen sich Patientensicherheit, wissenschaftliche Qualität und Fortschritt in Einklang bringen.

Zur Originalpublikation:

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