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Neuer Lernatlas - moderne OP-Verfahren für beschnittene Mädchen und Frauen

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass weltweit mehr als 200 Millionen Mädchen und Frauen beschnitten sind. Die teilweise oder vollständige Amputation der äusseren weiblichen Geschlechtsorgane führt oft zu lebenslangen Beschwerden. Damit Ärzte die Betroffenen beraten und behandeln können, müssen sie sowohl die Beschneidungsformen als auch die chirurgischen Rekonstruktionsmöglichkeiten der äusseren weiblichen Genitalien kennen. In der 6. Auflage des «PROMETHEUS LernAtlas der Anatomie» finden sie jetzt alle wichtigen Informationen in Wort und Bild.

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Bei der menschenrechtswidrigen Beschneidung von Mädchen und Frauen werden die äusseren weiblichen Geschlechtsorgane, also die Klitorisspitze, die Klitorisvorhaut, sowie die inneren und äusseren Vulvalippen, teilweise oder komplett entfernt. Zudem wird der Scheideneingang unvollständig verschlossen. «Aus medizinischer Perspektive sprechen wir deshalb von einer Amputation, die meist im Kindes- und Jugendalter ohne Betäubung und mit unsterilen, nicht medizinischen Schneidgegenständen wie zum Beispiel Rasierklingen, Glasscherben oder scharfkantigen Steinen, durchgeführt wird», erklärt Privatdozent Dr. Dan mon O’Dey. Der Facharzt für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie hat sich auf die anatomische Rekonstruktion der äusseren weiblichen Genitalien spezialisiert. Bei der Erstellung der neuen Lerneinheiten im «PROMETHEUS LernAtlas der Anatomie» brachte er seine Expertise mit ein.

Die extrem schmerzhafte Prozedur der Beschneidung wird aus kulturellen Gründen insbesondere in vielen afrikanischen aber auch in einigen arabischen, asiatischen und südamerikanischen Ländern praktiziert. Sie verursacht unmittelbar und in der Folge zahlreiche gesundheitliche Beeinträchtigungen, unter denen die Betroffenen ein Leben lang körperlich und seelisch leiden. Durch die Entfernung der Klitorisspitze ist das sexuelle Empfinden stark beeinträchtigt. Während hormoneller Veränderungen, wie etwa der Monatsblutung, entstehen sowohl schmerzhafte Druckspannungen am Klitorisstumpf als auch im Bereich des durch die Amputation entstandenen Narbengewebes. Aber auch beim Geschlechtsverkehr treten Schmerzen auf, oder es kommt zu Problemen beim Urinieren. Wenn die Beschneidung den Scheideneingang massiv verengt hat, hat das zudem negative Auswirkungen auf den Geburtsvorgang. Hinzu kommen psychische Belastungen, ausgelöst durch das traumatische Erlebnis der Beschneidung.

Moderne Operationsverfahren ermöglichen anatomische Rekonstruktion der Genitalien
Heute können die organischen Beschwerden der betroffenen Frauen durch geeignete operative Verfahren erfolgreich gelindert werden. Die Therapien reichen von einer Wiedereröffnung des Scheideneingangs, der Defibulation, bis hin zu komplexen plastisch-rekonstruktiven Operationen, mit denen die Anatomie der äusseren weiblichen Genitalien wiederhergestellt werden kann. «Neben der Defibulation kann auch die vergleichsweise einfache Bergung des Klitorisstumpfes zwar zur Linderung der Beschwerden beitragen, eine anatomische Rekonstruktion mit Normalisierung der genitalen Form und Funktion bringen diese Verfahren allerdings nicht», erläutert O’Dey, Chefarzt am Aachener Luisenhospital. Anders ist das bei Rekonstruktion mit körpereigenem Gewebe und der Neurotisierung, bei der Nervenendigungen des Klitorisorgans durch ein mikrochirurgisches Verfahren wieder in eine neu geformte Klitorisspitze integriert werden. Frauen können dadurch ihre klitorale Empfindungsfähigkeit sowie ihr entsprechendes sexuelles Lustempfinden bis hin zur Orgasmusfähigkeit zurückgewinnen.

Aufklärungsarbeit ist der Schlüssel
Kulturelle und familiäre Zwänge erschweren den betroffenen Frauen jedoch oft den Zugang zu medizinischer Hilfe. Vielen fehlt es auch an Wissen und Informationen zum eigenen Beschwerdebild. Deshalb ist Aufklärungsarbeit so wichtig – idealerweise in verschiedenen Sprachen, damit Frauen aus allen betroffenen Kulturkreisen erreicht werden können. «Aber auch bei der Ausbildung junger Mediziner müssen wir ansetzen», erklärt O’Dey. «Medizinstudenten müssen für die Anatomie des weiblichen Genitals und für das Thema der weiblichen Genitalbeschneidung sensibilisiert werden, lernen, welche anatomischen Strukturen dabei beschädigt werden und wissen, wie den Betroffenen operativ geholfen werden kann.»

Hier setzen die neuen Lerneinheiten des «PROMETHEUS LernAtlas der Anatomie» an, der seit vielen Jahren Medizinstudenten und Ärzten die menschliche Anatomie verständlich macht. In seiner 6. Auflage ist die Klitoris und die sie umgebenden Strukturen erstmals mit allen aus funktionell-anatomischer Sicht notwendigen Details dargestellt. Zudem werden plastische Abbildungen gezeigt und Hintergründe zu den verschiedenen Typen der Genitalbeschneidung sowie deren operativen Behandlungsmethoden vermittelt. «Es ist im Interesse der Ausbildung, aber auch der gesamtgesellschaftlichen Wahrnehmung unverzichtbar, dass wir die äusseren weiblichen Geschlechtsorgane und dieses wichtige Thema mit allen Facetten in den PROMETHEUS aufgenommen haben», erklärt Professor Dr. Dr. Michael Schünke, einer der Herausgeber.

In der Neuauflage des PROMETHEUS, die im September 2022 erschienen ist, wird nun erstmals das weibliche Bulboklitoralorgan ausführlich beschrieben. Warum das bemerkenswert ist und wie die Zeichnungen entstanden sind, erfahren Sie in der Leseprobe im Interview mit Anatomie-Professor Dr. Dr. Michael Schünke, Professor Dr. Daniel Haag-Wackernagel und PROMETHEUS Grafiker Karl Wesker.PS

Zur Leseprobe: Interview


Schünke M, Schulte E, Schumacher U
PROMETHEUS LernAtlas der Anatomie Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem Illustrationen von Voll M und Wesker K. 6. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2022.

Quelle: Thieme, 31.01.2023

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