Die Empfehlungen sind im Rahmen der gemeinsamen Empfehlungen zur «Präoperativen Evaluation erwachsener Patienten vor elektiven, nicht herz-thoraxchirurgischen Eingriffen» von DGAI sowie der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) und der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) erarbeitet worden.
GLP-1-Agonisten sind synthetisch hergestellte Polypeptide, die die Insulinsekretion steigern und die Freisetzung von Glukagon hemmen. Diese Medikamente werden zur Behandlung von Typ-2-Diabetes, vermehrt aber auch zur Gewichtsreduktion eingesetzt, da sie die Magenentleerung verzögern.
Erhöhtes Aspirationsrisiko während der Narkose
Diese verzögerte Magenentleerung kann jedoch das Risiko einer Aspiration von Mageninhalt während einer Narkose erhöhen, wodurch Speisereste in die Atemwege gelangen und eine schwere Lungenentzündung auslösen können. Auf vermehrte Meldungen solcher Aspirationspneumonien hat die American Society of Anesthesiologists im März 2024 reagiert und Empfehlungen zum präoperativen Umgang mit GLP-1-Agonisten veröffentlicht.
Trotz der bisher spärlichen Datenlage schliesst sich die DGAI diesen Empfehlungen an.
- «Bei elektiven Eingriffen sollte die Therapie mit einem täglich eingenommenen GLP-1-Agonisten am OP-Tag unterbrochen werden.
- Bei GLP-1-Agonisten, die nur einmal pro Woche verabreicht werden, sollte der letzte Applikationszeitpunkt des Medikamentes eine Woche vor der geplanten Operation liegen», schreiben die Autoren der Empfehlung.
- Diese Zeiträume seien unabhängig von der Indikation (Diabetes Mellitus Typ 2, Gewichtsreduktion) der Therapie mit einem GLP-1-Agonisten zu beachten.
- Nach dem Absetzen des Medikamentes ist eine engmaschige Kontrolle des Blutzuckers erforderlich.
«Bei fehlender Medikamentenpause und gastrointestinalen Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Blähungen oder abdominellen Schmerzen sollte der Patient bei elektiven Eingriffen als nicht nüchtern betrachtet werden», erklärt Prof. Dr. Christian Zöllner, Direktor der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und des Zentrums für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, der von Seiten der DGAI an der Publikation federführend mitgearbeitet hat. «In diesem Fall ist eine individualisierte und interdisziplinäre Risikobewertung für die Durchführung bzw. die Verschiebung des Eingriffs zu empfehlen.»
Abstimmungen mit Hausärzten werden an Bedeutung zunehmen
Prof. Dr. Zöllner betont die Bedeutung einer individualisierten Herangehensweise: «Um die höchste Patientensicherheit zu gewährleisten, erfordert die zunehmende Verbreitung von GLP-1-Agonisten ein differenziertes Vorgehen bei der präoperativen Risikoevaluation und der Narkosedurchführung.»
Dabei stelle für GLP-1-Agonisten, die nur einmal pro Woche appliziert werden, die Absprache mit dem Patienten sowie dem betreuenden Hausarzt in der praktischen Anwendung eine Herausforderung dar. «In der Vorbereitung einer Operation wird diese Abstimmung weiter an Bedeutung zunehmen», erklärt Zöllner.PS