Eine neue Studie aus Tübingen zeigt: Beide mRNA-Booster gegen COVID-19 verstärken die Antikörperabwehr – aber sie tun es nicht auf dieselbe Weise.
Nach einer Auffrischimpfung mit Pfizer/Biontech (BNT162b2) bilden geimpfte Personen häufiger bestimmte Antikörper-Subtypen (IgG2 und IgG4) als nach einer Moderna-Impfung (mRNA-1273).
Antikörper sind nicht alle gleich
Das Immunsystem reagiert nach einer Impfung mit einer breiten Palette von Antikörpern, die an das Virus binden und es neutralisieren. Dabei gibt es innerhalb der Antikörperklasse IgG mehrere Untergruppen, IgG1 bis IgG4, die jeweils unterschiedliche Aufgaben erfüllen.
Während IgG1 und IgG3 stark aktivierend wirken und rasch Entzündungsprozesse auslösen, gelten IgG2 und IgG4 als regulierend: Sie dämpfen übermässige Reaktionen und treten vor allem bei wiederholtem oder langanhaltendem Antigenkontakt auf.
Dass sich die Verteilung dieser Subklassen je nach Impfstoff unterscheidet, war bislang kaum untersucht. Nun zeigt die Tübinger Arbeit: Nach dem Pfizer-Booster verschiebt sich das Gleichgewicht stärker in Richtung IgG2 und IgG4 als nach Moderna.
Studie mit 165 jungen Erwachsenen
Für die Untersuchung analysierte das Team um Erstautor Alex S. Siebner am Universitätsklinikum Tübingen Blutproben von 165 gesunden Teilnehmenden (Medianalter 25 Jahre). Alle hatten zwei COVID-19-Impfungen erhalten und erhielten anschliessend einen Booster mit Pfizer oder Moderna. Etwa zwei Wochen später wurden die Antikörper im Detail ausgewertet.
Beide Booster führten zu einer deutlichen Zunahme der Antikörpermenge gegen das Spike-Protein. Unterschiede zeigten sich aber in der Zusammensetzung: Bei den Pfizer-Geimpften waren die Anteile von IgG2 und IgG4 deutlich höher als bei Moderna-Geimpften.
Menschen, die zuvor mit einem Vektorimpfstoff wie AstraZeneca oder Johnson & Johnson grundimmunisiert worden waren, wiesen diesen Effekt hingegen nicht auf.
Mögliche Bedeutung für den Langzeitschutz
Was die beobachteten Unterschiede für den Schutz vor Infektion oder schweren Verläufen bedeuten, ist derzeit noch offen. Die Forschenden betonen, dass ein höherer Anteil an IgG4 nicht zwangsläufig negativ sei.
«IgG4 wird mit einer eher bremsenden Immunantwort in Verbindung gebracht»,
erklärt Siebner in einer Mitteilung. «Das muss nicht unbedingt negativ sein, könnte aber bedeuten, dass sich die Dauer und Qualität des Immunschutzes zwischen den Impfstoffen unterscheiden».
Trotz der Unterschiede im Detail gilt: Beide mRNA-Booster steigern die Antikörperantwort zuverlässig und schützen nach wie vor wirksam vor schweren COVID-19-Verläufen. Die neuen Daten seien vor allem grundlagenwissenschaftlich relevant, so die Forschenden.
«Die Immunantwort ist komplexer, als es allein durch Antikörperspiegel messbar wäre. Unsere Studie liefert ein weiteres Puzzleteil, um besser zu verstehen, wie die in der COVID-19-Pandemie zum ersten Mal grossflächig ausgerollten mRNA-Impfstoffe wirken», fasst Siebner zusammen.