Kann man die Nebenwirkungen der Behandlungen gegen Multiple Sklerose begrenzen? Diese Frage steht im Mittelpunkt einer gemeinsamen Studie der Universität Genf (UNIGE), der Genfer Universitätskliniken (HUG) und der Universität Pennsylvania.
In der Schweiz ist etwa eine von 500 Personen von der Autoimmunerkrankung betroffen, die schrittweise zu motorischen, sensorischen, visuellen und kognitiven Beeinträchtigungen führen kann – bis hin zur Behinderung.
Ursache ist eine Fehlreaktion des Immunsystems: Bestimmte Immunzellen greifen das zentrale Nervensystem an und verursachen dauerhafte Schäden – insbesondere an der Myelinschicht, die die Nervenzellen schützt und die Weiterleitung elektrischer Impulse ermöglicht.
Die derzeitigen Behandlungen zielen darauf ab, das Immunsystem zu blockieren, um die Schädigung zu begrenzen. Doch die Verwendung von Immunsuppressiva birgt erhebliche Risiken, etwa schwere Infektionen.
Die Rolle des c-Met-Rezeptors
Das Forschungsteam konzentrierte sich auf eine Untergruppe von Immunzellen, die bei allen 34 neu diagnostizierten Teilnehmenden der Studie nachgewiesen wurde. Dieser Zelltyp scheint eine Schlüsselrolle beim Fortschreiten der Krankheit zu spielen.
Wie die kürzlich in «
Annals of Neurology» veröffentlichten Ergebnisse zeigen, tragen die Lymphozyten von Patientinnen und Patienten mit Multipler Sklerose den c-Met-Rezeptor. Obwohl diese c-Met-positiven Lymphozyten nur etwa 5 bis 6 Prozent der weissen Blutkörperchen im Liquor ausmachen, zeigen sie eine deutlich erhöhte Neigung, neuroinflammatorische Prozesse auszulösen.
Auf dem Weg zu einer gezielten Therapie
«Dieser Mechanismus eröffnet die Möglichkeit, Therapien zu entwickeln, die ausschliesslich auf die Lymphozyten mit dem c-Met-Rezeptor abzielen – und dabei den Rest des Immunsystems erhalten, das für die Abwehr von Infektionen unverzichtbar ist»,
erklärt Patrice Lalive, Professor an den Departementen für Klinische Neurowissenschaften sowie Pathologie und Immunologie der UNIGE und Leiter der Einheit für Neuroimmunologie an den HUG.
Mit Blick auf die nächsten Schritte bleibt der Forscher vorsichtig, aber zuversichtlich: «Wir müssen nun herausfinden, ob dieser Ansatz ausreicht, um das Fortschreiten der Erkrankung zu bremsen. Unser Ziel ist es, Moleküle zu identifizieren, die gezielt an c-Met binden.»
Damit ist der Kurs klar: Die Entwicklung selektiverer Therapien, die Nebenwirkungen reduzieren, ohne die Wirksamkeit der Behandlung zu gefährden.