Praxisübergabevertrag
Allgemeines
Die Übergabe einer Praxis erfolgt mit einem schriftlichen Vertrag, in welchem die Adresse der Praxis, die Gegenstand des Verkaufs ist, das Übergabedatum und die Namen der involvierten Parteien aufgeführt sind. Es ist wichtig, die Vertragsparteien genau zu bezeichnen.
Wir empfehlen, ein Inventar der zu übernehmenden Praxiseinrichtung und des Materials zu erstellen und festzulegen, wer die Kosten für die Entsorgung von nicht übernommenen Objekten übernimmt. Diese Listen bilden einen Anhang zum Vertrag und sind dazu gedacht, böse Überraschungen am Tag der Übernahme zu vermeiden. Zudem ist es wichtig verschiedene Szenarien im Vertrag vorzusehen. Es kann beispielsweise sein, dass zwischen der Unterzeichnung des Vertrages und der Übergabe der Praxis gewisse Objekte (Möbel, Geräte) repariert oder ersetzt werden müssen oder dass eine der Vertragsparteien arbeitsunfähig wird oder stirbt. Es muss also bestimmt werden, wer die Kosten in einem solchen Fall zu tragen hat.
Weitere wichtige Punkte des Praxisübergabevertrages sind:
Patientendossier
Das Patientendossier ist nicht nur ein Werkzeug für die Ärztin / den Arzt, es dient auch als Beweismittel im Streitfall. Die Käuferin oder der Käufer muss sich verpflichten, die Dokumente während 20 Jahren nach der letzten Behandlung aufzubewahren. In jedem Fall darf die Käuferin oder der Käufer die Krankengeschichten nur mit Einverständnis der Patienten einsehen.
Übernahmepreis und Zahlungsmodalitäten
Ein wesentlicher Bestandteil des Vertrages sind der zu bezahlende Preis und die Zahlungsmodalitäten. Beides wird im Rahmen der Verhandlungen zwischen Verkäuferin/Verkäufer und Käuferin/Käufer festgelegt. Eine Praxisbewertung bildet eine nützliche Grundlage für die Verhandlungen.
Die Zahlungsmodalitäten können unterschiedlich sein. Entweder bezahlt die Käuferin oder der Käufer den Gesamtpreis bei der Praxisübernahme oder er leistet Ratenzahlungen. In der Regel erfolgt die erste Zahlung bei Vertragsunterzeichnung und die zweite bei der Übernahme. Manchmal erfolgt die zweite Zahlung in zwei Raten. Wir empfehlen, die Ratenzahlungen nicht über einen zu langen Zeitraum zu erstrecken. Wichtig ist auch, für eine steuerliche Optimierung des Verkaufs / Kaufs der Praxis mit Unterstützung von Treuhänder oder Treuhänder zu sorgen.
Wert
Um den Preis der Praxis festlegen zu können, muss man ihren Wert kennen. Wir werden häufig für Praxisbewertungen angefragt (Einzelfirma oder AG/GmbH). Eine solche beinhaltet die folgenden zwei Elemente:
- den materiellen Wert (Inventar) und
- den immateriellen Wert (Goodwill).
Der Goodwill, der weder unmoralisch noch illegal ist, bietet der Nachfolgerin oder dem Nachfolger die Gelegenheit, eine bereits funktionierende Firma zu übernehmen und damit ohne Zeitverlust weiterzuarbeiten. Der Goodwill kann als Aufpreis und «Anerkennung» für eine gut etablierte und geführte Praxis betrachtet werden. Es gibt zahlreiche Berechnungsmodelle. Der von FMH Services (Consulting) berechnete immaterielle Wert basiert auf einem Prozentsatz des durchschnittlichen Umsatzes der letzten drei bis fünf Jahre, der aufgrund der Praxisbesonderheiten wie Personal, Standort, Betriebskosten der Praxis usw. gewichtet wird. Der materielle Wert wird mittels Abschreibung der Sachanlagen berechnet, wobei davon ausgegangen wird, dass diese nutzbar sind und in der Praxis verbleiben. Um eine AG/GmbH zu bewerten, müssen weitere Positionen berücksichtigt werden, wie zum Beispiel die stillen Reserven und weitere Bilanzposten.
Personal
Bei der Übernahme einer Praxis übernimmt die Käuferin oder der Käufer automatisch die mit dem Personal bestehenden Vertragsverhältnisse (Arbeitsvertrag, 2. Säule usw.), es sei denn, das Personal lehnt diese ab (Art. 333 OR), nachdem es von der Verkäuferin oder vom Verkäufer rechtzeitig über die Übernahme informiert wurde. Eine Kündigung der Verträge durch die Verkäuferin oder den Verkäufer und die anschliessende Wiedereinstellung desselben Personals durch die Käuferin oder den Käufer ist nicht erlaubt.
Unternehmerische Entscheide
Nun kommen wir zu verschiedenen Punkten, die insbesondere die Ärztinnen und Ärzte betreffen, die eine Praxis eröffnen wollen. Darin sind aber auch einige Punkte aufgeführt, die für Ärztinnen und Ärzte, die ihre Praxis übergeben wollen, interessant sein können.
Rechtsformen
Eine Arztpraxis kann als Einzelfirma, als juristische Person (AG/GmbH) oder als einfache Gesellschaft betrieben werden. Viele Ärztinnen und Ärzte wollen eine AG/GmbH gründen, häufig ohne dabei über die konkreten Folgen nachzudenken. Bevor man eine Rechtsform wählt, ist es wichtig, die persönliche Situation zu analysieren. Es müssen verschiedene Themen wie Steuern (Doppelbesteuerung), Vorsorge, Gründungskosten, gewünschte Flexibilität, Anzahl der in der Praxis tätigen Ärztinnen und Ärzte usw. berücksichtigt werden. Die Ärztin oder der Arzt, die/der sich für eine AG/GmbH entscheidet, wird damit zum Angestellten der von ihr/ihm gegründeten Struktur. Dies bedeutet beispielsweise, dass die Zulassung zur Abrechnung und die ZSR-Nummer auf die Firma lautet.
Versicherungen
Den Ärztinnen und Ärzten in der Privatpraxis empfehlen wir, Versicherungen zur Abdeckung von bestimmten Risiken abzuschliessen. Dazu gehören Lohnausfallversicherung, Sachversicherung, Berufshaftpflichtversicherung, Diebstahl- und Elementarversicherung wie auch Cyberversicherung und Rechtsschutzversicherung. Letztere kann insbesondere im Falle von Streitigkeiten im Bereich Arbeitsrecht, Mietrecht usw. von Nutzen sein. Es ist auch wichtig, sämtliche Versicherungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (AHV/IV/EO, ALV, BU, NBU, BVG) abzuschliessen, ohne dabei die eigene Vorsorge zu vergessen. Zudem sollten die Ärztinnen und Ärzte, die ihre Praxis übergeben, sicherstellen, dass ihre Berufshaftpflichtversicherung mögliche Streitfälle während 20 Jahren nach Berufsaufgabe deckt.
Business Plan
Der Business Plan beinhaltet die wichtigsten Eckdaten zur Praxis und deren Funktionsweise. Es handelt sich um eine Machbarkeitbeurteilung des Projektes.
Im Text sind die wesentlichen Punkte der Vision und der Rahmenbedingungen der zukünftigen Praxis zusammengefasst: Betreiber, Personal, Praxisstandort, Marketing, interne Organisation, Strategie, Rechtsform und Analyse der Chancen und Risiken der Praxis.
Der finanzielle Teil zeigt die finanzielle Entwicklung der Praxis, d.h. potenzielle Einnahmen, Kosten, Investitionen und Finanzierung auf. Die Qualität des Dossiers wird sich im Falle von Kreditanträgen auf die Bonität auswirken. Es heisst also, rechtzeitig mit den Überlegungen und Vorbereitungen zu beginnen, bevor man den Schritt in die Selbständigkeit wagt (wenn möglich ein Jahr vorher) und sich dafür die nötige Unterstützung zu holen.
Fazit
Die Übergabe bzw. Übernahme oder die Gründung einer Praxis sind langfristige Projekte, die zahlreiche Themen betreffen, die besprochen und analysiert werden müssen. Dies erfordert häufig mehr Zeit als man denkt. Wichtig ist in jedem Fall, die entsprechende Unterstützung durch Spezialistinnen und Spezialisten in Anspruch zu nehmen, um sämtliche Aspekte zu berücksichtigen und Fehler zu vermeiden.
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Quelle
FMH Services, Oktober 2024