Die Brustkrebssterblichkeit von Frauen unterscheidet sich erheblich in Abhängigkeit von ihrer ethnischen Abstammung. So haben schwarze US-Amerikanerinnen ein 40 Prozent höheres Risiko, an Brustkrebs zu versterben, als weisse Frauen – bei einer annähernd identischen Neuerkrankungsrate. Noch drastischer fällt die Differenz bei jüngeren Patientinnen unter 50 Jahren auf: In dieser Altersgruppe liegt die Brustkrebs-Sterblichkeit bei den schwarzen Frauen sogar doppelt so hoch wie bei den weissen. Zu den höheren Brustkrebs-Sterblichkeitsraten bei schwarzen Frauen können Ungleichheit in der Gesundheitsversorgung beitragen, aber auch der höhere Anteil aggressiver Subtypen von Brustkrebs sowie verschiedene soziale Faktoren.
«Leider wurden trotz dieser enormen Unterschiede bis heute keine Screening-Empfehlungen abgeleitet, die an die individuellen Risiken der ethnischen Abstammung angepasst sind», sagt Mahdi Fallah, der am Deutschen Krebsforschungszentrum und am NCT Heidelberg forscht.
Um solche Empfehlungen auf eine statistisch gesicherte Basis stellen zu können, haben Wissenschaftler um Fallah nun die Daten der über 415 000 US-Amerikanerinnen analysiert, die zwischen 2011 und 2020 an Brustkrebs verstorben waren. Diese Daten wurden vom National Center of Health Statistics gesammelt und decken die US-amerikanische Bevölkerung vollständig ab.
Brustkrebssterblichkeit variiert mit ethnischer Abstammung
Bei Frauen unter 50 Jahren variierte die Brustkrebs-spezifische Sterblichkeit erheblich in Abhängigkeit von ihrer ethnischen Abstammung. So kam es bei schwarzen Frauen im Alter von 40 bis 49 zu 27 Brustkrebs-Todesfällen pro 100.000 Personenjahren, bei weissen Frauen zu 15 und bei Frauen asiatischer oder pazifischer Abstammung nur zu 11 (US gesamt: 15).
Das Team um Fallah errechnete das durchschnittliche Risiko, an Brustkrebs zu versterben, für US-amerikanische Frauen in verschiedenen Altersgruppen. So hat die gesamte weibliche US-Bevölkerung im Alter von 50 Jahren ein mittleres kumulatives 10-Jahres-Risiko von 0,329 Prozent, an Brustkrebs zu versterben. Die Frauen aus unterschiedlichen ethnischen Gruppen erreichten diese Risikoschwelle in unterschiedlichen Altersstufen: Schwarze Frauen bereits mit 42 Jahren, weisse Frauen mit 51 Jahren und Frauen aus Asien oder dem pazifischen Raum erst mit 61 Jahren.
Mit 45 Jahren haben Frauen im US-Durchschnitt ein mittleres 10-Jahres-Risiko von 0,235 Prozent. Schwarze Frauen erreichen diese Risikogrenze bereits mit 38 Jahren, weisse mit 46 Jahren, asiatische und pazifische Frauen im Alter von 50 Jahren.
Mit 40 Jahren beträgt das 10-Jahresrisiko für Tod durch Brustkrebs für die Gesamtheit der US-Amerikanerinnen 0,154 Prozent. Schwarze Frauen erreichen diesen Risikogrenzwert im Alter von 34 Jahren, weisse Frauen mit 41 Jahren, Frauen aus dem asiatischen oder pazifischen Raum mit 43 Jahren.
Ein weiteres Ergebnis der Studie: Bereits vor dem Alter von 50 Jahren haben schwarze Frauen im Vergleich zu weissen US-Amerikanerinnen eine höhere Brustkrebssterblichkeit. 50 Jahre ist in den USA das übliche Eintrittsalter für das Brustkrebs-Screening. «Der erhebliche Unterschied in der Sterblichkeit zwischen schwarzen und weissen US-Amerikanerinnen kann also nicht mit dem ungleichen Zugang zu Vorsorgeuntersuchungen begründet werden», erklärt Studienleiter Fallah.
Vergleichbare Untersuchungen in Europa wünschenswert
«Unsere Ergebnisse legen nahe, dass das Alter für den Beginn des Brustkrebs-Sceenings in den USA in Anhängigkeit von der ethnischen Abstammung angepasst werden sollte, damit alle Frauen gleichermassen von der Untersuchung profitieren können», so Fallah. «Wichtig wäre auch, nun vergleichbare Untersuchungen in der europäischen Population durchzuführen um zu prüfen, ob beispielsweise Frauen mit einem bestimmten Migrationshintergrund von anderen Screeningempfehlungen profitieren könnten.»
Der Epidemiologe ergänzt: «Ein Screening nach dem ‚One size fits all'-Schema benachteiligt Frauen aus bestimmten ethnischen Gruppen. Andere Frauen dagegen nehmen das Brustkrebs-Screening möglicherweise unnötig früh in Anspruch und erleben damit eventuell häufiger deren unerwünschte Nebenwirkungen, wie falsch-positive Tests oder Überdiagnosen. Mit den Ergebnissen unserer Studien können wir nun evidenzbasierte Empfehlungen für den Start des Brustkrebs-Screenings geben.»PS