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The MunichBREW II Study – Die «Münchner Bier-Studie»

Party-Trinken mit Alkoholwerten über 1,2 Promille kann sogar bei jungen gesunden Menschen zu relevanten Rhythmusstörungen führen. Mehr als fünf Prozent waren betroffen. Über die langfristigen schädlichen Effekte solch alkoholbedingter Rhythmusstörungen ist kaum etwas bekannt.

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Alkohol ist bekanntlich ein starkes Zellgift. Akuter übermässiger Alkoholkonsum kann deshalb das Holiday-Heart-Syndrom verursachen (s.Kästchen), das durch Herzrhythmusstörungen einschliesslich Vorhofflimmern gekennzeichnet ist. Da es nur wenige zugrunde liegende Daten gibt, zielte die «MunichBres Study» darauf ab, den zeitlichen Verlauf auftretender Herzrhythmusstörungen nach Rauschtrinken bei jungen Erwachsenen prospektiv zu untersuchen.

Das Holiday-Heart-Syndrom (HHS)
wurde erstmals 1978 von Philip Ettinger beschrieben und bezeichnet Herzrhythmusstörungen, die typischerweise innerhalb von 24 bis 48 Stunden nach exzessivem Alkoholkonsum bei ansonsten gesunden Personen auftreten. Die Arrhythmien manifestieren sich meist als paroxysmales Vorhofflimmern und gehen häufig mit Symptomen wie Herzklopfen, Schwindel und Brustschmerzen einher. Der zeitliche Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und dem Auftreten der Symptome ist ein charakteristisches Merkmal des HHS. Klinische Beobachtungen zeigen, dass es während des Urlaubs sowie an Feiertagen und Wochenenden zu einer signifikanten Häufung von HHS-Fällen kommt. In Abgrenzung zum HHS handelt es sich dagegen bei der Alkoholischen Kardiomyopathie um eine chronische Herzerkrankung, die durch jahrelangen übermässigen Alkoholkonsum verursacht wird.

Pathophysiologie
Die Pathophysiologie des HHS ist multifaktoriell und komplex. Exzessiver Alkoholkonsum beeinflusst das Herz durch mehrere Mechanismen:
  • Direkte kardiotoxische Effekte: Ethanol und seine Metabolite wirken toxisch auf Kardiomyozyten.
  • Einfluss auf das autonome Nervensystem: Alkohol induziert die sympathische Stimulation und parasympathische Hemmung, was zur erhöhten Herzfrequenz und Erregbarkeit des Herzens führt.
  • Störung des Elektrolythaushalts: Dysbalancen von Elektrolyten wie Kalium und Magnesium begünstigen die Entstehung von Arrhythmien.
  • Entzündliche Prozesse: Alkohol fördert die Freisetzung inflammatorischer Zytokine, die die Herzfunktion beeinträchtigen können.

Methoden
Insgesamt wurden 202 Freiwillige in die Studie aufgenommen, die einen akuten Alkoholkonsum mit erwarteten Spitzenalkoholkonzentrationen in der Atemluft (BAC) von ≥1,2 g/kg (1,2 Promille) «planten». Die Forscher waren mit mobilen EKG-Geräten auf den Partys. (Schon 2015 hatte das Team der Medizinischen Klinik und Poliklinik I des LMU Klinikums beim Münchener Oktoberfest die MunichBREW I-Studie gestartet.) Die aktuelle Studie umfasste eine 48-stündige EKG-Überwachung vom Ausgangszustand (Stunde 0), der «Trinkphase» (Stunden 1 bis 5), der «Erholungsphase» (Stunden 6. bis 19) und zwei Kontrollperioden, die jeweils 24 Stunden nach der «Trinkphase» bzw. der «Erholungsphase» entsprachen. Der akute Alkoholkonsum wurde während der «Trinkphase» durch BAC-Messungen überwacht. EKGs wurden auf mittlere Herzfrequenz, Vorhoftachykardie, vorzeitige Vorhofkomplexe (PAC), vorzeitige Kammerkomplexe (PVC) und Herzfrequenzvariabilität (HRV) hin analysiert.

Ergebnisse
Die Daten zeigten eine Erhöhung der Herzfrequenz und ein Übermass an Vorhoftachykardien bei zunehmendem Alkoholkonsum. Die Alkoholzufuhr in der «Trinkphase» führte zu einem immer schneller werdenden Puls mit über 100 Schlägen pro Minute. Alkohol geift offenbar in die autonomen regulatorischen Prozesse des Herzens ein. Die HRV-Analyse zeigte eine autonome Modulation mit sympathischer Aktivierung während des Alkoholkonsums und der anschliessenden «Erholungsphase», gefolgt von einer parasympathischen Dominanz danach. PACs traten in den «Kontrollphasen» signifikant häufiger auf, während PVCs in der «Trinkphase» häufiger waren. Zehn Teilnehmer erlebten bemerkenswerte arrhythmische Episoden, darunter Vorhofflimmern und ventrikuläre Tachykardien, hauptsächlich während der «Erholungsphase».

Fazit
Binge Drinking («Komasaufen») kann sogar bei jungen gesunden Menschen klinisch relevante Rhythmusstörungen hervorrufen. Sie traten immerhin bei über fünf Prozent der ansonsten gesunden Teilnehmer auf. Welche langfristigen schädlichen Effekte die alkoholbedingten Rhythmusstörungen auf die Herzgesundheit haben, bleibt Gegenstand weiterer Forschung.

Quelle:
Stefan Brunner, M.D, Christina Krewitz, M.D, Raphaela Winter, M.D, Aenne S von Falkenhausen, M.D, Anna Kern, M.D., M.Sc, Dorothee Brunner, R.N, Moritz F Sinner, M.D., M.P.H: Acute Alcohol Consumption and Arrhythmias in Young Adults: The MunichBREW II Study. European Heart Journal, ehae695
https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehae695

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