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Tiefe Hirnstimulation des Kleinhirns nach Schlaganfall führte zur Verbesserung der Armfunktion

Nach einem Schlaganfall sind bleibende Behinderungen wie motorische Beeinträchtigungen der Extremitäten häufig. Bei der Regeneration von Hirngewebe spielt die Neuroplastizität eine grosse Rolle – dies zu fördern, ist Ziel der Schlaganfallforschung. In einer Phase-I-Studie wurde erstmals erfolgreich eine tiefe Hirnstimulation von Kleinhirnregionen eingesetzt.

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Die Versorgung akuter Schlaganfälle hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich weiter verbessert. Grosse Fortschritte wurden auch bei der (Rezidiv-)Prävention erzielt – weniger dagegen bei der Behandlung in der postakuten und chronischen Phase bzw. Rehabilitation. Fast die Hälfte der Schlaganfallüberlebenden leiden an bleibenden Behinderungen und benötigen Hilfe im täglichen Leben. Für die Erholung geschädigten Hirngewebes spielt die Neuroplastizität bekanntermassen eine entscheidende Rolle. Die Nutzung des Potenzials der Neuroplastizität nach ischämischen und traumatischen Schädigungen des Gehirns wird in verschiedenen neurostimulationsbasierten Behandlungsansätzen in (prä-)klinischen Studien erforscht.

Kontinuierliche elektrische Stimulation
Erste klinische Daten zu einem neuen invasiven Ansatz zur Modulation bzw. Verbesserung der Neuroplastizität sowie zur Erweiterung des therapeutischen Zeitfensters wurden nun publiziert. Eingesetzt wurde die kontinuierliche elektrische Stimulation eines Nervenzellgebiets im Kleinhirn, des Nucleus dentatus cerebellaris (DN). Durch die Aktivierung des dentato-thalamo-kortikalen Signalwegs, einer robusten physiologischen Verbindung des Kleinhirns mit kontralateralen motorischen und nicht-motorischen Gehirnbereichen, sollen die neuronale Aktivität und kortikale Erregungsfähigkeit moduliert werden.

Tiefe Hirnstimulation des Nucleus dentatus cerebellaris
In früheren Arbeiten hatte die Forschergruppe an präklinischen Nagetiermodellen gezeigt, dass die tiefe Hirnstimulation (THS) des DN die Wiederherstellung der Funktion und die ipsiläsionale kortikale Reorganisation fördern kann (Verbesserung der kortikalen Erregbarkeit, Synaptogenese, Neuorganisation motorischer Kortexbereiche für die Funktion der betroffenen Extremität). Nun wurde dieser Forschungsansatz erstmals in einer offenen klinischen Phase-I-Studie bei zwölf Schlaganfallpatienten mit mittelschweren bis schweren Beeinträchtigungen der Armfunktion angewendet. Ziel der Studie aus Cleveland (USA) war die Evaluierung der Durchführbarkeit und der Sicherheit einer neurochirurgischen Elektrodenimplantation und chronischen DN-THS im Kleinhirn.

Offene klinische Phase-I-Studie
Beim Screening von 11 541 elektronischen Krankenakten wurden 82 Personen gefunden, die die Einschlusskriterien erfüllten. Viele lehnten die Studienteilnahme ab, so dass letztendlich zwölf Teilnehmer rekrutiert werden konnten (Durchschnittsalter 57 ± 6 Jahre; 4/12 weiblich). Alle hatten vor 12 bis 36 Monaten (2,2 ± 0,7 Jahre) einen erstmaligen ischämischen Schlaganfall im Versorgungsgebiet der A. cerebri media (ohne Beteiligung von Zwischenhirn und Basalganglien) erlitten. Seitdem bestand eine mittelschwere bis schwere armbetonte Hemiparese mit einem mittleren motorischen Funktionsscore des Armes (FM-UE-Score «Upper Extremity Fugl-Meyer Assessment») von 22,9 ± 6,2 Punkten (normal: 100 Punkte; <50: schwere motorische Schädigung).

Die neurochirurgische Implantation der DN-THS-Elektroden erfolgte im Zeitraum von 2016 bis 2020. Alle Teilnehmer wurden monatlich untersucht, ggf. die THS-Einstellung angepasst und über insgesamt 20-24 Monate nachbeobachtet. Evaluiert wurden fünf Studienphasen: (1) vor und unmittelbar nach Implantation, (2) zweimonatige Rehabilitationsmassnahme noch ohne Stimulation, (3) einschleichende Stimulation, dann für acht Monate DN-THS plus Rehabilitation, (4) zweimonatige Reha-Übergangsphase mit ausschleichender Stimulation, (5) Langzeit-Follow-up. Die letzte Kontrolle zur Datenerfassung erfolgte im November 2022.

Primärer Endpunkt: Sicherheit und Durchführbarkeit
Für die Sicherheit und Durchführbarkeit (primärer Outcome) konnten 168 Teilnahmemonate Erfahrung mit implantierten Elektroden und 72 Monate Erfahrung mit DN-THS-Stimulation analysiert werden.
  • Die Elektrodenimplantation wurde gut vertragen, es gab keine grösseren perioperativen oder späteren Komplikationen (wie Infektion, Blutung, Geräteausfälle) oder Todesfälle.
  • Von 51 unerwünschten Ereignissen waren 21 studienassoziiert (z.B. Übelkeit, Schmerz); liessen sich aber mit Neuprogrammierung beheben (Ermittlung der Stimulationsschwelle für Nebenwirkungen).

Sekundärer Endpunkt: motorische Armfunktion
  • Der sekundäre Outcome, die motorische Armfunktion (FM-UE-Score), verbesserte sich bei allen Teilnehmern mit DN-THS im Median um +7 FM-UE-Punkte.
  • Eine Post-hoc-Analyse zeigte speziell bei Teilnehmern mit initialer Restfunktion der Armmotorik signifikante Verbesserungen (median +15 Punkte; p=0,0005) – unabhängig davon, wie lange der Schlaganfall zurücklag.
Für die einzelnen Phasen ergaben sich folgende Veränderungen des FM-UE-Scores:
  1. postoperativ FM-UE-Rückgang um median -0,5 Punkte (nicht signifikant),
  2. Verbesserung um median +3 Punkte (p=0,004),
  3. weitere Verbesserung um median +7 Punkte (p=0,0005) und ab Phase
  4. keine weitere Veränderung.
Die Funktionsverbesserungen waren direkt mit einer kortikalen funktionellen Reorganisation assoziiert, bestätigt durch einen erhöhten ipsiläsionalen Glukosestoffwechsel im PET.

Nutzen ist nicht von der Zeitdauer nach dem Schlaganfall abhängig
«Wenn sich diese Ergebnisse in weiteren Studien bestätigen, eröffnen sich mit diesem Ansatz neue Möglichkeiten für die Unterstützung der Rehabilitation nach Schlaganfall», so Prof. Dr. med. Götz Thomalla, UKE Hamburg, Sprecher der DGN-Kommission Zerebrovaskuläre Erkrankungen. «Von besonderer Bedeutung ist für die Betroffenen sowie für die betreuenden Ärzte, dass der Nutzen dieser Kleinhirn-THS offensichtlich nicht von der Zeitdauer nach dem Schlaganfall abhing. In grösseren Studien müssen nun weitere Fragen geklärt werden, beispielsweise, ob ein möglichst früher Beginn während der initialen Rehabilitation die Ergebnisse weiter verbessern kann.»PS


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