Beispielsweise ist durch die Bestrahlung oft ein Organerhalt möglich, auch konnte gezeigt werden, dass durch eine prophylaktische Strahlentherapie von Krebspatienten mit Knochenmetastasen das Risiko für das Auftreten skelettaler Ereignisse sinkt.
«Die Radioonkologie ist eines der medizinischen Fächer, das in den vergangenen 20 Jahren besonders von innovativen Technologien, auch dem Einsatz künstlicher Intelligenz (KI), profitiert hat. Ergebnis ist, dass Krebspatienten zunehmend gezielter bestrahlt werden können. Das heisst: Auf den Tumor treffen hochdosierte Strahlen, das umliegende Gewebe wird aber geschont. Die Strahlentherapie belastet daher die Krebspatienten weniger als andere Therapieformen», erklärt Prof. Dr. Stephanie Combs, München, Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie e.V. (DEGRO).
Hochpräzisionstechnologie mit KI noch präziser
Nichtsdestotrotz gibt es gegenüber der Strahlentherapie noch immer Vorbehalte, da Strahlen oft unbewusst Ängste auslösen. «Zu Unrecht», sagt die Expertin, «die moderne Strahlentherapie ist eine Hochpräzisionstechnologie. Sie war schon immer eine gezielte Krebstherapie, und zwar lange bevor es diesen Begriff überhaupt gab, denn die Strahlenenergie entlädt sich erst im Tumor und entfaltet dort ihre zerstörerische Wirkung.» KI habe das Verfahren noch präziser gemacht, beispielsweise werden die Atemphasen während der Bestrahlung berechnet und das Bestrahlungsziel in jeder Millisekunde den neuen Gegebenheiten durch die Hebung und Senkung des Brustkorbs angepasst. «Wir zielen immer genau auf den Tumor!»
Prostatakarzinom: nebenwirkungsärmere Alternative
Im Gegensatz zu anderen Krebstherapien ist die Strahlentherapie daher bei oft ebenso guter Wirkung deutlich nebenwirkungsärmer. Als Beispiel führt Prof. Combs die Behandlungsoptionen des frühen Prostatakarzinoms an. So sind Strahlentherapie und Operation bei dieser Erkrankung im Hinblick auf die Heilung in etwa gleichwertig, die Bestrahlung führt aber zu deutlich weniger Nebenwirkungen wie Inkontinenz oder Impotenz. «Die Leitlinien empfehlen daher, die Patienten gleichwertig über beide Optionen aufzuklären, was ein wichtiger Schritt ist, im klinischen Alltag aber leider oft noch nicht überall so gelebt wird.»
Oft Organerhalt möglich
Bei anderen Krebserkrankungen ermöglicht die Strahlentherapie sogar, dass das von Krebs befallene Organ nicht entfernt werden muss. Beispielsweise kann bei Harnblasenkrebs, der in die Muskelschicht der Harnblase eingewachsen ist, die multimodale, primär organerhaltende Therapie (sog. transurethrale Resektion gefolgt von Radiochemotherapie) eine Alternative zur Entfernung der gesamten Harnblase sein (1). Beide Therapien haben die gleiche Aussicht auf Erfolg. Ähnliches zeichnet sich auch bei Lungenkrebs ab. Eine Registerstudie mit Daten des Krebsregisters Berlin-Brandenburg (2) analysierte bei Bronchialkarzinompatienten in den frühen Stadien die Überlebenszeit nach Strahlenchemotherapie oder Operation. Das Ergebnis bestätigt, dass das strahlentherapeutische Vorgehen (mit SBRT, «Stereotactic Body Radiation Therapy») ebenso effizient war wie das operative Management. Auch bei Krebserkrankungen im Mund-Rachenraum können mit der Strahlentherapie sehr gute Ergebnisse erreicht werden (3).
Schutz vor skelettalen Ereignissen
Relativ neu ist die Erkenntnis, dass die Strahlentherapie auch Patienten mit Knochenmetastasen vor sogenannten skelettalen Ereignissen wie Knochenbrüchen oder schmerzhaften Rückenmarkseinklemmungen, die schlimmstenfalls sogar Lähmungen auslösen können, schützt. Bisher kam die Strahlentherapie bei Knochemetastasen überwiegend zur Schmerzlinderung oder bei neurologischen Symptomen in der palliativen Krankheitsphase zum Einsatz. Eine randomisierte Phase-II-Studie (4) konnte zeigen, dass sich auch der prophylaktische Einsatz ohne bestehende Symptome lohnt. Die zusätzliche Strahlentherapie zur Standardtherapie konnte das Auftreten dieser Ereignisse signifikant senken: Im Standardarm betrug die Rate skelettaler Ereignisse 29 %, in der Gruppe, die bestrahlt wurde, nur 1,6 %.
Wie Prof. Mechthild Krause, Dresden, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie e.V. (DEGRO), abschliessend zusammenfasst, wird die Strahlentherapie oft unterschätzt: «Wir haben die Möglichkeit, Tumoren gezielt und nebenwirkungsarm zu bestrahlen und erreichen gute Therapieergebnisse. Zum Weltkrebstag möchten wir daher das Bewusstein für die Strahlentherapie als wichtige und tragende Säule der Krebstherapie stärken. Gern laden wir interessierte Journalistinnen und Journalisten in unsere Strahlentherapiezentren ein, damit sie sich über radioonkologische Verfahren informieren können.»