Das Virus und sein Vorkommen
Das West-Nil-Fieber ist eine durch das West-Nil-Virus (WNV) verursachte Viruserkrankung, die hauptsächlich durch Stechmücken (vor allem der Gattung Culex) auf Menschen übertragen wird. Das Virus gehört zur Familie der Flaviviridae und wurde erstmals 1937 im West-Nil-Distrikt in Uganda identifiziert. Es ist ein zoonotisches Virus, was bedeutet, dass es von Tieren auf Menschen übertragen werden kann. Hauptwirte sind Vögel, die das Virus in sich tragen und über Mückenstiche das Virus an Menschen oder andere Tiere weitergeben können.
Das Virus hat sich seit den 1950er-Jahren in vielen europäischen Ländern ausgebreitet und ist seit 2018 auch in Deutschland nachgewiesen worden.
«Es stellt eine zunehmende Bedrohung für die öffentliche Gesundheit dar, nicht nur in Südeuropa, sondern auch in Deutschland», erklärt Professor Dr. med. Tomas Jelinek, wissenschaftlicher Leiter des CRM. «Seit 2018 beobachten wir in Deutschland eine Ausbreitung des Virus, das vor allem durch Stechmücken übertragen wird. Die Hauptsaison für Infektionen liegt zwischen Juli und September. Wir erwarten, dass auch in diesem Jahr weitere Fälle auftreten werden, vor allem in Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen.»
In der Schweiz gab es bisher nur sehr wenige nachgewiesene Fälle beim Menschen, und diese sind oft auf Reisen in endemische Gebiete zurückzuführen. Jedoch gibt es Hinweise darauf, dass das Virus auch in der Schweiz zunehmend präsent ist. Studien und Überwachungsprogramme haben gezeigt, dass das West-Nil-Virus in einigen Vogel- und Mückenpopulationen in der Schweiz nachgewiesen wurde. Die Überwachung der Vektorpopulationen und des Auftretens des Virus in Wildvögeln und Pferden hat auch in der Schweiz zugenommen.
Das Risiko für die allgemeine Bevölkerung bleibt jedoch derzeit niedrig.
Klinische Aspekte
Infektionen mit dem West-Nil-Virus verlaufen meist symptomlos und damit unbemerkt; nur etwa 20 Prozent der Infizierten leiden an Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen oder Hautausschlägen. Die Symptome ähneln oft einer leichten Grippe. Sie verschwinden normalerweise nach wenigen Tagen bis Wochen.
Menschen über 50 mit einer Vorerkrankung oder Immunschwäche haben ein höheres Risiko, eine schwere Form der Erkrankung zu entwickeln. In etwa 1 Prozent der Fälle kann die Infektion schwerwiegend verlaufen und zu neurologischen Komplikationen wie Meningitis, Enzephalitis oder schlaffen Lähmungen führen. In diesen Fällen können auch Spätschäden auftreten.
Es gibt keine spezifische antivirale Therapie gegen das West-Nil-Virus. Die Behandlung beschränkt sich auf die Linderung der Symptome und die Unterstützung der Körperfunktionen. Bei schweren Verläufen kann eine intensivmedizinische Betreuung erforderlich sein, insbesondere wenn neurologische Komplikationen auftreten.
«Es gibt noch keine Impfung gegen das West-Nil-Virus, weshalb wir empfehlen, als Prophylaxe in den betroffenen Gebieten bis in den Herbst einen effizienten Mückenschutz anzuwenden,» so Jelinek. Dazu gehören mückenabweisende Sprays, Moskitonetze und langärmlige Hemden und Hosen.
Mit steigenden Temperaturen und veränderten Klimamustern könnte sich das Verbreitungsgebiet des Virus weiter ausdehnen, meinen die Forscher. Ein erhöhtes Bewusstsein und Vorsichtsmassnahmen sind daher von entscheidender Bedeutung, um das Infektionsrisiko zu minimieren.
Quellen:
- Jelinek T. CRM updates Nr. 17/24 • 28.08.2024, Seite 16
- Journal of Health Monitoring 2023 8(S3), Auswirkungen von Klimaveränderungen auf Vektor- und Nagetier-assoziierte Infektionskrankheiten, DOI 10.25646/11392, Robert Koch-Institut, Berlin
- RA (AI-ass.)